Porträt von Anna-Theresa Korbutt, Hamburger Verkehrsverbund

Anna-Theresa Korbutt: 5 Fragen zum Change Management

Fünf Fragen an Anna-Theresa Korbutt, Geschäftsführerin, Hamburger Verkehrsverbund

Bislang hat sich im Change Management noch kein Konzept als ultimativ richtig erwiesen. Veränderungen in Organisationen verlaufen höchst unterschiedlich. Deshalb sind die Erfahrungen, Erlebnisse und Eindrücke der Verantwortlichen auch so verschieden. Uns interessiert die persönliche Perspektive von erfolgreichen Managern und Managerinnen. Diesmal stellt sich Anna-Theresa Korbutt unseren fünf Satzeröffnungen.

Meine bislang größte/wichtigste Business Transformation war …

Ich würde diese Frage gerne auf zwei Wegen beantworten:

Menschlich: Die Existenzsicherung eines Unternehmens, das durch viele Fehlentscheidungen der Vergangenheit in massive finanzielle Schieflage geraten war. Es hat mich sehr viel Energie und Willen gekostet, dieses Unternehmen trotz aller negativen Vorzeichen wieder auf die Beine zu stellen und somit zahlreiche Arbeitsplätze mitabgesichert zu haben.

Fachlich: Die Umsetzung und Mitentwicklung des Deutschlandtickets als das ÖPNV-Tarifangebot der Zukunft. Nach 20 Jahren in der Verkehrsbranche hat das Deutschlandticket dem ÖPNV endlich auch ein Gesicht gegeben. Die erfolgreiche Einführung im Hamburger Verkehrsverbund und der „Drive“ aller beteiligten Parteien hat mich sehr stolz gemacht.

Veränderungen von Unternehmen sind aus meiner Erfahrung im Wesentlichen geprägt durch …

„Menschen“ und „Ereignisse“. Das Große und Unmögliche kann dann am besten bewegt werden, wenn die richtigen Menschen für eine gemeinsame Sache kämpfen. Es ist der Spirit und die Einstellung, etwas verändern zu wollen; es sind Menschen, die von Natur aus Macher sind, die in sich den Drang haben, das Leben bzw. die Arbeit ein Stückchen besser machen zu wollen. Es sind natürliche Leader, die es schaffen, andere mitzureißen und deren Energie positiv zu bündeln. In der Kombination mit einem externen Ereignis, das Veränderung zwingend erfordert, gelingen Veränderungen dann schnell und erfolgreich.

Die wichtigsten Erfolgsfaktoren von Change Management sind für mich …

Übernimm Verantwortung für dein Handeln. Steh dafür ein und gib deinen Kolleg:innen Rückendeckung, wenn sie diese brauchen.

Habe Mut und sei gewissenhaft in dem, was du tust. Schüttle Gepflogenheiten ab und konzentriere dich auf das, was du erreichen möchtest. Lass dich nicht ablenken von dem, was bisher immer schon so war.

Hab Vertrauen in dich und deine Kolleg:innen. Vertraue dir selbst und anderen. Nicht jede Entscheidung ist von Erfolg gekrönt, aber es ist immer noch besser, als nichts zu tun.

Und außerdem: Passion. Leidenschaft für das, was man tut, ist ein immens wichtiger Faktor, der Berge versetzen und Widerstände aufbrechen kann.

Nicht alles gelingt. Was ich bei Veränderungen in meiner Verantwortung künftig anders machen werde oder was ich durch Lernen aus früheren Fehlern heute bereits anders mache, ist …

Den Kolleg:innen und mir selbst mehr Zeit für den Veränderungsprozess geben.

Auch wenn das Ziel klar ist, ist es immens wichtig, der Veränderung Zeit zu geben.

Ja sogar dem Team und sich selbst eine Verschnaufpause zu gönnen. Einfach die Dinge mal liegen lassen und von oben drauf schauen, was man alles schon erreicht hat. Den zurückgelegten Weg reflektieren und Stolz und Freude zulassen. Das gibt einem Kraft für die nächsten Schritte und erhöht das „Bonding“ aller beteiligten Parteien.

Mein persönlicher Tipp an eine Führungskraft, die Verantwortung für ein Veränderungsprojekt übernimmt, lautet:

Durchhalten. Das klingt einfach, ist es aber nicht. Veränderungsprozesse zu führen und zu begleiten, beinhaltet, vieles zu erleben und zu hören, was nicht so gut ist, was falsch ist, was nicht gewollt ist.

Man muss erkennen, dass man vielleicht nicht jeden von der notwendigen Veränderung überzeugen kann.

Das darf einen nicht verzweifeln lassen. Es gibt in jedem Projekt Rückschläge. Und bei Veränderungsprozessen sind diese oftmals nicht fachlicher, sondern menschlicher Natur.

Menschen und ihre Emotionen lassen sich nicht auf Charts und in Excel schreiben. Das braucht Zeit, Gespräche, Interaktion. Veränderung löst erst mal Stress aus. Diesen auch negativen Punkten auf dem Weg der Transformation muss man als Projektleiter:in gut begegnen können. Manchmal kann das Frust auslösen – man will etwas Gutes, aber keiner sieht es. An diesem Punkt angelangt, muss man sich Zeit nehmen, mit anderen Peers im Projekt Gespräche führen. Vieles relativiert sich wieder. Durchhalten.

 

 

 

Autorin

Anna-Theresa Korbutt
ist Geschäftsführerin bei der Hamburger Verkehrsverbund GmbH. Zudem ist sie Aufsichtsrätin bei WESTbahn. Ihre Karriere begann sie bei der Deutschen Bahn. Es folgten Stationen bei der BLS AG (Schweiz), den ÖBB (Österreich) und der BEXity GmbH, bevor sie Anfang 2021 zum Hamburger Verkehrsverbund wechselte.
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