Besseres Teammanagement durch KI
Hybride Teams, in denen Menschen und Roboter zusammenarbeiten, werden an Bedeutung gewinnen. Doch worauf ist zu achten, damit das Miteinander im Team erfolgreich wird? Neben der Entwicklung von KI-Kompetenzen, ethischen Überlegungen, einer Wertediskussion, gutem Datenmanagement sowie klarer Rollenverteilung ist auch der Change-Prozess wichtig. Zudem gilt es für alle, mutig und lernbereit zu sein.
Der Einsatz von KI-Systemen hat tiefgreifende Auswirkungen auf die Zusammenarbeit. Die immense Steigerung der Komplexität und Geschwindigkeit führt zu einer Beschleunigung der Arbeitsprozesse. Dies erfordert von Teams eine hohe Agilität, um einen konstruktiven Umgang mit den sich wandelnden Herausforderungen zu finden.
Das stellt wiederum höchste Ansprüche an die Führungskräfte, zumal sich viele Unternehmen in einem tiefgreifenden Wertewandel befinden. Menschen werden sich immer schwerer nur traditionell führen lassen. Ein offener Arbeitsmodus, Teamarbeit und Kollaboration sind entscheidende Faktoren im Zeitalter der Künstlichen Intelligenz.
Verschiedene Formen der Teamarbeit
Werfen wir zunächst einen Blick auf die unterschiedlichen Formen der Teamarbeit.
Die Herausforderungen, die die unterschiedlichen Arbeitsformen an Führungskräfte und Teams stellen, werden oft unterschätzt.
Wir kommen aus einer Präsenzkultur, in der auf direktem Wege kommuniziert und interagiert wird. Digitale Technologien ermöglichen seit einigen Jahren für viele Berufsgruppen ein nahezu ortsunabhängiges Arbeiten, wodurch die virtuelle Zusammenarbeit enorm an Bedeutung gewonnen hat. Gleichzeitig erfordern Globalisierung und internationaler Wettbewerb, dass viele Teams auch interkulturell zusammenarbeiten.
In Zukunft werden nun zusätzlich hybride Teams, in denen Menschen und Roboter zusammenarbeiten, an Bedeutung gewinnen. Ziel dieser Entwicklung ist es, die Stärken von Mensch und Maschine zu kombinieren. Menschliche Fähigkeiten wie Kreativität und Problemlösungskompetenz können in Kombination mit der Geschwindigkeit und Präzision von Robotern zu einer erheblichen Produktivitätssteigerung führen.
Zudem arbeiten die meisten Teams interdisziplinär zusammen, das heißt, oftmals müssen technisches und nicht technisches Wissen vereint werden, um KI-Projekte erfolgreich umzusetzen. Dies hat den Vorteil, dass unterschiedliche Perspektiven und Kompetenzen für innovative Lösungsansätze gebündelt werden können. Gleichzeitig treffen unterschiedliche Denk- und Arbeitsweisen aufeinander, die es zu managen gilt.
Flexiblere und qualitativ hochwertigere Arbeitsprozesse
Zu den größten Chancen des Einsatzes von KI-Systemen zählen Effizienz- und Innovationssteigerungen, durch die Arbeitsprozesse flexibler, effizienter, kostengünstiger, sicherer und qualitativ hochwertiger gestaltet werden können. Zum Beispiel können die Führungskräfte und Teams durch die Automatisierung von Routineaufgaben mehr Zeit für wertschöpfende und strategische Aufgaben gewinnen.
Ein weiterer Vorteil ist die schnellere Verarbeitung von Daten. KI-Systeme sind in der Lage, große Datenmengen in kürzester Zeit zu analysieren, was neue Dimensionen des Erkenntnisgewinns eröffnet und innovative Lösungen sowie fundiertere Entscheidungen ermöglicht. Zudem können Arbeitsabläufe optimiert und Prozesse effizienter gestaltet werden.
Insbesondere die Kommunikation in Teams kann personalisierter erfolgen, da die Präferenzen und das Zeitmanagement der Teammitglieder ihre Berücksichtigung finden. Auch die Durchführung von Besprechungen wird erleichtert, da Besprechungsprotokolle automatisch erstellt werden können und somit die Transparenz und Verbindlichkeit in der Umsetzung erhöht wird. KI-Systeme arbeiten rund um die Uhr, was eine kontinuierliche Bearbeitung der Aufgaben und eine hohe Verfügbarkeit sicherstellt.
Ein weiterer wichtiger Vorteil liegt im intelligenten Wissensmanagement. Unternehmen verfügen oft über große Daten- und Wissensbestände. KI kann dafür sorgen, dass Teammitglieder die für sie relevanten Informationen zum richtigen Zeitpunkt bekommen und Führungskräfte den Überblick behalten.
Optimismus und Ängste bestehen gleichermaßen
Es ist allerdings ein Trugschluss zu glauben, dass sich diese Vorteile beim Einsatz von KI-Technologien „automatisch“ einstellen. KI-Tools sind leistungsfähige Werkzeuge, die die menschliche Kommunikation und Zusammenarbeit unterstützen können. Die gezielte Steuerung, Anpassung und persönliche Ansprache obliegen jedoch immer dem Menschen.
Das persönliche Wort von Mensch zu Mensch ist und bleibt ein zentrales Element in der Zusammenarbeit.
Die persönliche Kommunikation erhöht auch das Vertrauen und die Akzeptanz der Teammitglieder in die neuen Technologien. Es gibt eine Vielzahl an Ängsten, wie zum Beispiel Angst vor Kontrollverlust und Überwachung, die ernst genommen werden sollten.
Eine der größten Ängste ist die vor dem Verlust des Arbeitsplatzes. Eine Umfrage von Zety ergab, dass 89 Prozent der Befragten befürchten, durch die Einführung von KI-Tools ihren Arbeitsplatz zu verlieren (siehe Infokasten zu Literaturquellen und -tipps). Diese Ängste sind durchaus berechtigt, denn laut der aktuellen Studie „A new future of work“ des McKinsey Global Institute (MGI) könnten bis 2030 bis zu drei Millionen Arbeitsplätze in Deutschland betroffen sein. Andererseits ist der Optimismus bei vielen Expertinnen und Experten groß, dass durch Künstliche Intelligenz mehr neue Arbeitsplätze entstehen als wegfallen. Es bedarf jedoch entsprechender Qualifizierungs- und Personalentwicklungsmaßnahmen, damit die neuen beruflichen Möglichkeiten von den Mitarbeitenden auch genutzt werden können.
Wichtige Voraussetzungen und Rahmenbedingungen
Bei der Einführung von KI-Technologien sind neben dem technischen Fokus der Bezug zu den Menschen und zur Organisation elementar wichtig. Die Entscheidungsträger:innen und Teams sind davon zu überzeugen, dass sich der KI-Einsatz in ihrem Unternehmen lohnt und es müssen gangbare Wege für die Realisierung aufgezeigt werden. Dabei spielen die Themen wie Datensicherheit und der Schutz personenbezogener Daten eine wichtige Rolle. Die Mitarbeitenden müssen wissen, wie die Speicherung ihrer Daten erfolgt.
Zudem sind die entsprechenden organisatorischen Rahmenbedingungen und Strukturen zu entwickeln sowie Verantwortlichkeiten zu klären. Hierbei ist die Entwicklung einer KI-Strategie sehr empfehlenswert. Eine KI-Strategie sollte Orientierung bieten und festlegen, wofür und wie Künstliche Intelligenz genutzt wird, um die Unternehmensziele zu erreichen. Sie gibt Antworten unter anderem auf Fragen zu Technologien, Daten, Infrastruktur, Ressourcen und auch zu ethischen Überlegungen.
Die Klärung ethischer Grundsatzfragen, die Erarbeitung von ethischen Richtlinien sowie eine umfassende Wertediskussion sollten die Einführung einer KI-Technologie im Unternehmen begleiten. Das ist eine wichtige Voraussetzung, um die Akzeptanz für die Zusammenarbeit mit KI zu bekommen.
Eine weitere wichtige Voraussetzung ist das Datenmanagement. Es sollten nur qualitativ hochwertige und gut strukturierte Daten verwendet werden, da die Leistung von KI-Modellen stark von der Qualität der zugrunde liegenden Daten abhängt. Fehlerhafte oder unvollständige Daten können zu falschen oder verzerrten Ergebnissen und Entscheidungen führen.
Teammitglieder bei der Implementierung einbeziehen
Viele Unternehmen beschäftigt derzeit auch die Frage, wie man Teams auf „den neuen Kollegen KI“ vorbereiten kann. Wenn der neue Kollege ein Roboter wird, ist es in jedem Fall wichtig, die Teammitglieder in den Implementierungsprozess einzubeziehen.
Hierbei sollten offene und interessierte Mitarbeitende als Multiplikatoren wirken, damit die noch eher skeptischen Kolleg:innen auf die digitale Reise mitgenommen werden können. Beim Einsatz von Robotern als Kollaborationspartner ist auf eine klare Rollenverteilung zu achten, bei der der Mensch als übergeordnete Steuerungsinstanz fungiert. Zudem muss der Roboter von den Mitarbeitenden als Teammitglied akzeptiert und darf nicht als Konkurrenz, sondern sollte als Unterstützung betrachtet werden.
Es gilt zu klären, welche Aufgaben zukünftig vom Roboter übernommen werden.
Und welche Aufgaben weiterhin zum Tätigkeitsfeld des Mitarbeitenden zählen werden. Die Akzeptanz wird sich maßgeblich erhöhen, wenn die Arbeitserleichterung und der Mehrwert für jeden Einzelnen nachvollziehbar sind sowie eine unterstützende Einarbeitung angeboten wird.
Im Rahmen der Teamentwicklung sollte ausreichend Zeit für die bereits erwähnte Wertediskussion eingeplant werden, um zu klären, wie ein ethisch verantwortungsvoller Umgang sichergestellt werden kann. Weiterhin ist entscheidend, Testphasen einzuplanen, in denen das Team Erfahrungen im Miteinander sammelt. Mut und Zutrauen für neue Konstellationen entwickeln sich in einem Arbeitsumfeld, wo eine vertrauensvolle und wertschätzende Kommunikation sowie ein konstruktiver Umgang mit Fehlern gepflegt werden.
Wissen erwerben, um mit KI zusammenarbeiten zu können
Klar ist jedoch auch: Der Einsatz von Künstlicher Intelligenz in der Arbeitswelt erfordert die Entwicklung neuer Kompetenzen bei den Mitarbeitenden und Teams. Immer wichtiger werden digitale Kompetenzen, da ein grundlegendes Verständnis von KI-Technologien und die Fähigkeit zur Datenanalyse entscheidend sind für eine effektive Nutzung der KI. Und es braucht das entsprechende Knowhow, um zum einen mit den KI-Systemen zusammenarbeiten zu können sowie zum anderen bei aller Offenheit kritisch zu hinterfragen, ob die jeweiligen KI-Ergebnisse wirklich nutzbar sind.
Da sich die technologischen Anforderungen ständig weiterentwickeln, sind auch Anpassungsfähigkeit und Lernbereitschaft entscheidend. Teams müssen sich kontinuierlich weiterbilden und flexibel auf neue Technologien und Arbeitsweisen reagieren. Dabei spielen die Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit ebenfalls eine wichtige Rolle.
Abbildung: Führungskompetenzen im digitalen Zeitalter
Zudem ist der Erwerb von Führungskompetenzen von Bedeutung – auch für die Mitarbeitenden. Denn durch die Zusammenarbeit mit KI-Systemen übernimmt jeder Mitarbeitende eine Führungsrolle, da er konkrete Anweisungen geben und die Ergebnisse der KI kontrollieren muss. Dies erfordert nicht nur technisches Wissen, sondern ebenso Urteilsvermögen, Verantwortungsbewusstsein, Selbstkompetenz und die Fähigkeit zur kritischen Reflexion. In der Abbildung auf Seite 25 wird das vielseitige Spektrum an Führungskompetenzen im Zeitalter der KI grafisch dargestellt.
Menschen reagieren unterschiedlich auf Veränderungen
Der Einsatz von KI-Systemen löst in Unternehmen umfassende Veränderungsprozesse aus. Wie bei allen Change-Prozessen ist zu beachten, dass Menschen sehr unterschiedlich auf Veränderungen reagieren. Während die einen sich inspiriert und motiviert fühlen, empfinden andere Angst und Unsicherheit.
Und es ist wichtig, im Rahmen des Teammanagements die unterschiedlichen Werte und Einstellungen der Mitarbeitenden gleichberechtigt in die hybride Zusammenarbeit einzubeziehen.
Der zunehmende Einsatz von KI-Technologien verändert die Zusammenarbeit in Teams und eröffnet vielfältige neue Möglichkeiten für das Teammanagement. Qualifizierung spielt eine entscheidende Rolle, um diese Chancen erfolgreich zu nutzen und die Herausforderungen souverän zu meistern. Kontinuierliches Lernen ist daher wichtiger denn je.
Autorin
Sylke Piéch
ist Expertin für KI im Kontext von Leadership, Arbeit und Bildung. Sie leitet die Akademie für Leadership, KI und Digitaltransfer und ist als Bereichsverantwortliche „KI & Leadership“ am Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz tätig. Ihr Fokus liegt unter anderem auf Digital Leadership, Mensch-Roboter-Kollaboration, Digitaler Ethik sowie Talentmanagement in Zeiten des digitalen Wandels..
»Sylke bei LinkedIn