Wenn Sie sich in einer längeren Beziehung befinden – und nicht zu den „echten Kerlen“ gehören, die Empfindsamkeit und Empathie für unmännlich halten –, werden Sie das wissen: Man kann die Bedeutung von Kommunikation eigentlich nicht überschätzen. Sie ist der Schlüssel für erfolgreiche Beziehungen. Und Sie werden auch wissen, dass, wenn von Kommunikation die Rede ist, nicht einfach Plaudern und auch nicht die Menge an Wörtern, die jemand aussondert, gemeint ist.

Sicherlich werden Sie genau verstehen, was ich meine, wenn ich sage: Gute Kommunikation ist verdammt schwierig. Das geht schon bei dem „Wie“ los. Ja, wertschätzende Kommunikation finden alle gut. Doch schon allein die Wahrnehmung kann differieren. Ein „Kann ich die Butter haben?“ mag für Sie in dem Moment völlig okay klingen, muss es aber für Ihren Partner oder Ihre Partnerin noch lange nicht.

Und: Zuhören zu können ist in der Beziehung absolut essenziell. Das klingt leichter, als es tatsächlich ist. Denn im Zeitalter der ständigen Zerstreuung dank Smartphones fällt es vielen Menschen erwiesenermaßen immer schwerer, sich (auf den anderen) zu konzentrieren und den Fokus zu halten.

Bedürfnisse äußern und wahrnehmen

Ein dritter Punkt, der in der Beziehung eine wesentliche Rolle spielt, ist die Kommunikation von Erwartungen und Bedürfnissen. Das heißt, diese müssen zum einen von einer Person geäußert und zum zweiten von der anderen Person wahrgenommen werden. Aber schon am ersten Punkt scheitern viele. Jeder kennt Beispiele von Ehen, in denen gerade Frauen mit ihren Bedürfnissen hinterm Berg halten. Sie äußern sie nicht, sie werden aber auch von ihrem Mann nicht danach gefragt. Der wiederum seinerseits gar keine Probleme hat, seine Bedürfnisse ungefiltert mitzuteilen.

Leider hat die Kommunikation in jedem System erst einmal schlechte Startbedingungen – eben auch in Beziehungen. Denn es gelten die Worte des Verhaltensforschers Konrad Lorenz: „Gesagt ist noch nicht gehört und gehört ist noch nicht verstanden.“ Kommunikation ist halt unwahrscheinlich. Und deswegen ist es so wichtig, wie Niklas Luhmann betont, Anschlusskommunikation herzustellen, im Dialog zu bleiben: Was hast Du verstanden? Meinen wir das Gleiche, wenn wir sagen: „Du gehst gleich los und holst die Kinder ab“? Missverständnisse und Missinterpretationen sind Alltag in jeder Beziehung. Es gilt, den Raum dafür möglichst klein zu halten.

Die Bedeutung von Kommunikation kann auch im Rahmen von Veränderungen in Organisationen gar nicht überschätzt werden. Und ihre Bedeutung wächst weiter, je selbstbewusster das Individuum wird, je mehr sich der gesellschaftliche Trend fortsetzt, dass Menschen ihr Streben nach Autonomie, ihren Gestaltungswillen und die Sehnsucht nach Sinn ebenfalls in ihrem Arbeitsleben verwirklicht sehen wollen. Und sie wächst weiter, weil Change Management immer weniger von oben verordnet wird und in Führungsbeziehungen Augenhöhe wichtig wird – wie in einer guten partnerschaftlichen Beziehung. Und deshalb kann man sich in Sachen Change Communication viel von guten Partnerschaften abgucken.

Im Change Management mag es früher gereicht haben, entlang der verschiedenen Phasen begleitend ein bisschen was zu kommunizieren, was gerade passiert. Heute geht es viel stärker um einen Austausch und das Wahrnehmen von Bedürfnissen – trotz oder wegen des ständigen Wandels, der in einer Organisation passiert. Zuhören zu können ist eine Killer-Applikation, die aber die wenigsten Führungskräfte wirklich beherrschen, weil sie sich permanent im Sendemodus befinden und um das eigene Ich kreisen. Und damit zeigen sie leider oft ein ähnliches Verhalten wie in ihrer privaten Beziehung zuhause.

Wer sich in einer längeren Beziehung befindet, wird mir sicher zustimmen, wenn ich sage: Eine Investition in die Kommunikation mit dem Partner oder der Partnerin lohnt sich eigentlich immer. Mann lernt einiges – auch was die Zusammenarbeit im Job angeht.

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Der Begriff „Feedback“ wird in deutschen Unternehmen oft missbraucht, und echte zwischenmenschliche Kommunikation wird vernachlässigt. Im Beitrag „Feedback in der Arbeitswelt“ wird erklärt, was echtes Feedback ist.

Es gibt in der Arbeitswelt ein riesiges Missverständnis. Und der in den Medien viel diskutierte Fall „Zonar“ hat das einmal wieder deutlich gemacht. „Zonar“ ist das Performance- und Entwicklungstool von Zalando. Nach Angaben des Unternehmens soll es Mitarbeitern und Führungskräften gleichermaßen die Möglichkeit geben, sich 360-Grad-Feedbacks einzuholen.

Auf den ersten Blick ist es, im Vergleich zu anderen Systemen, tatsächlich ein Schritt nach vorne, weil es das Feedbackgeben nicht nur der Führungskraft überlässt, wie das noch in klassischen Unternehmen üblich ist. Doch „Zonar“ krankt an demselben Fehler wie auch die meisten traditionellen Performance-Management-Systeme: Es ist im Kern ein Bewertungssystem, das Lernen und Entwicklung eher erschwert als fördert. Menschen sowie deren Kompetenzen und Leistungen werden von anderen beurteilt und diese Beurteilungen haben Konsequenzen in Bezug auf Karriere und Vergütung. Das hat mit Feedback als Voraussetzung für das persönliche Lernen nichts zu tun. Im Rahmen eines solchen Systems wollen die Mitarbeiter nicht lernen, sie wollen gute Beurteilungen – und nur danach richten sie ihr Verhalten aus. Völlig verständlich.

Es ist erschreckend zu sehen, welcher Schindluder mit dem Begriff des Feedbacks in deutschen Unternehmen betrieben wird, wie er für jede Art der Rückmeldung genutzt und wie wenig gleichzeitig auf die tatsächliche zwischenmenschliche Kommunikation geschaut wird. Benotungen von Leistungen, infantiles Lob, beleidigende Meinungsäußerungen – so ziemlich alles geht hierzulande als Feedback durch.

Resonanz erzeugen

Echtes Feedback hat mit Bewertungen nichts zu tun. Es hat einzig den Zweck, beim Gegenüber Wirkung zu erzielen beziehungsweise Resonanz zu erzeugen. Der Feedbackgeber bietet seine Perspektive an und das ist wichtig, weil es Menschen grundsätzlich schwerfällt, wahrzunehmen, wie sie selbst wirken. Auf der Basis von ausgedrückter Wertschätzung wird die Wahrnehmung des Verhaltens des Feedbacknehmers dargestellt, wie es gewirkt hat und was sich der Feedbackgeber wünschen würde.

Dabei spielt das Timing eine wichtige Rolle. Nicht jede Situation ist dafür die richtige. Ob der Feedbacknehmer Konsequenzen aus den Anregungen zieht, liegt bei ihm. Das ist das gute Recht eines mündigen Menschen. Aber natürlich sind für eine effektive und produktive Zusammenarbeit eine gewisse Beweglichkeit und die Bereitschaft zu lernen unumgänglich.

Und wenn ein 360-Grad-Feedback eingesetzt wird, dann bitte als echtes Entwicklungsinstrument. In vielen Unternehmen geht es allerdings um Bewertungen von Führungskräften, die sich maßgeblich auf die jeweilige Karriere und Vergütung auswirken. Das lenkt die Betroffenen aber davon ab, sich auf das eigene Entwicklungspotenzial zu fokussieren. Stattdessen wird nur auf die Bewertung und die möglichen negativen Konsequenzen geachtet.

Coaching statt Bewertung

Kaum ein System verzichtet darauf, Beurteilungen in Form eines numerischen Wertes, einer Note beispielsweise, zusammenzufassen. Menschen bezüglich ihrer Leistung oder ihres Verhaltens eine Note oder einen Skalenwert zu geben, fühlt sich mehr als falsch an. Ganz egal, welche Objektivierungsanstrengungen unternommen werden: Am Ende wird die Vielfalt des Menschen, seine Einzigartigkeit und die Komplexität der Umstände auf eine einzige Zahl reduziert – und die bleibt, bis zum nächsten Jahr. Der Müller ist eine 3,1.

Eine Menge Mitarbeitende hat keine Lust mehr auf ein solches „Feedback“. Die Leute hören Feedback und denken an Prüfungen – und nicht an Entwicklungschancen. Deshalb ist der Begriff in der Arbeitswelt tot. Ein Grund übrigens, warum Microsoft „Feedback“ abgeschafft und „Perspectives“ eingeführt hat. „Das neue System verwendet eine Sprache, die weniger einschüchternd wirkt und Gespräche anregt, die eher wie Coaching als wie Bewertungen wirken“, heißt es vonseiten Microsofts. Es ist ein Anfang.

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Veränderungen sind unvermeidlich, erfordern jedoch positives Menschenbild und Empathie der Treiber. Dabei ist die Kommunikation von großer Bedeutung. Im Beitrag „Der Widerstand gegen Veränderungen in Organisationen“ wird genau dies thematisiert..

Vielleicht werden Sie das kennen, wenn Sie viel auf Twitter und LinkedIn unterwegs sind: Um Sie herum wimmelt es von Menschen, die sehr vieles spannend finden – vor allem wenn es um Transformation und Veränderungen geht. Neue Technologien, neue Strukturen, neue Führungsmodelle – alles total spannend. Und wenn diese Begeisterung für das Neue sich mit ein wenig Überheblichkeit vermischt, dann wird auch mal mit dem Finger auf diejenigen gezeigt, die die ganzen Umwälzungen in ihren Organisationen nicht spannend finden; die sie nicht wollen; die vielleicht Angst haben, sich aber nicht trauen, das offen zu sagen; die sich auf ihre Weise gegen die geplanten Änderungen zur Wehr setzen.

Vielleicht passiert dieser Widerstand aus reinem Eigennutz. Es wäre menschlich. Schließlich liebt unser Gehirn Routinen und bei jedem gibt es dieses Grundbedürfnis nach Sicherheit und Kontrolle. Und wer weiß, welche Turbulenzen die Menschen in ihrem Privatleben durchmachen? Dann wäre umso verständlicher, dass sie sich im Job nach Stabilität sehnen.

Keine Frage: Veränderungen in der Arbeits- und Wirtschaftswelt müssen sein und sie passieren in immer kürzeren Zyklen, zum Teil sind sie gravierend. Veränderungen sind Teil des Lebens.

Auf die Sprache achten

Was ich mir jedoch wünschen würde, sind zwei Dinge:

  1. Dass auch die Transformationsbegeisterten und „Alles-ist-spannend-Supermenschen“, die der Meinung sind, dass es keine Probleme, sondern nur Herausforderungen gibt, ab und an die Masken fallen lassen und – zumindest im geschützten Raum – über eigene Ängste und Befürchtungen reden, dass sie einmal Mensch und nicht „Performer“ sind.
  2. Und: Wir sollten immer, egal wie gestresst wir sind, auf unsere Sprache achten. Ich würde mir wünschen, dass wir Menschen in Organisationen nicht als „Lehmschicht“ bezeichnen, wie ich es schon so oft gehört habe. Dass wir auch diese „Modelle“ und „Analysen“ sein lassen, bei denen Menschen in Kategorien mit Namen wie „Blockierer“ oder „Verhinderer“ gesteckt werden. Was für ein Menschenbild steckt hinter solchen Begriffen eigentlich?
    Ich persönlich bin davon überzeugt, dass so gut wie keiner bei einem Unternehmen anfängt mit der Absicht: „Wenn sich hier irgendwas ändert, schalte ich auf stur.“ Gerade diejenigen, die Veränderungen in Organisationen vorantreiben müssen und wollen, sollten ein positives Menschenbild und eine große Portion Empathie mitbringen. Und jeder sollte sich meiner Meinung nach folgende Perspektive zu eigen machen: „Jedes Verhalten ist sinnvoll, wenn ich den Kontext kenne.“

Was ist unsere Identität?

Wenn ich mit dieser Haltung Veränderung vorantreibe, sehe ich Menschen auch nicht als Widerständler oder Lehmschicht, sondern als Individuen, deren Perspektive, Bedürfnisse und Meinungen sehr häufig wertvoll sind.

Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass es sinnvoll ist, im Rahmen von Change-Stories oder Change-Visionen nicht nur die Notwendigkeit der Veränderung und das schöne Zukunftsbild zu betonen, sondern auch auf das, was bleibt, zu fokussieren. So hat der Change größere Chancen auf Unterstützung durch die Mitarbeitenden. Dazu gehört vor allem zu kommunizieren, dass bestimmte Kernelemente der organisationalen Identität bewahrt werden und dass es ebenso Bereiche der Kontinuität gibt.

Im Übrigen glaube ich, dass wir alle irgendwo, irgendwie Lehmschicht sind – je nachdem auf welches Thema man schaut. Jeder möge sich bitte selbst die Frage stellen, zu wie viel Veränderung er oder sie hinsichtlich eines klimafreundlichen Verhaltens bereit ist. In den Augen der jungen Generation, die jeden Freitag auf die Straße für einen konsequenteren Klimaschutz geht, sind wir, die Generation X und die Baby Boomer, die Widerständler und Blockierer. Es ist eben alles eine Frage der Perspektive.

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Das „Warum“ in Veränderungsprozessen wird oft vernachlässigt. Doch dies zu kommunizieren ist essentiell. Im Beitrag „Eine Change Story kann das „Warum“ verständlich machen“ finden Sie die Lösung.

Wer kleine Kinder hat, kennt das: Sie können viele Fragen stellen, und oft sind es Warum-Fragen, die ziemlich schwer zu beantworten sind. Warum kann das Flugzeug fliegen? Warum blitzt es? Warum braucht der Mann einen Rollstuhl? Einer meiner Söhne ist fünf Jahre alt und er bringt mich mit solchen Fragen momentan ziemlich ins Schwitzen.

Kinder sind neugierig. Sie wollen die Welt verstehen, versuchen die Dinge einzuordnen. Das sollte bei Erwachsenen im Grunde nicht anders sein. Die „Frage nach dem Warum“ symbolisiert die Befreiung aus der Unmündigkeit und das Streben nach Aufklärung. „Sapere aude“ bzw. „Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen“ ist kein Privileg von Wenigen, sondern sollte Leitmotiv für jeden Menschen sein – auch wenn er Teil eines hierarchischen Organisationssystems ist.

Was ist das Problem?

Noch immer wird im Rahmen von Veränderungsprozessen die Frage nach dem „Warum“ vernachlässigt. Dabei sollte sie am Anfang von allem stehen. Entweder es fragt aber gar keiner danach oder „das Warum“ kennen nur einige Wenige an der Spitze und es wurde nicht daran gedacht, es zu kommunizieren bzw. dazu in den Dialog zu gehen. Warum tun wir, was wir tun? Was ist das Problem, das es zu lösen gilt? Welche Vision verbinden wir mit der Veränderung und warum streben wir danach?

Change sollte nicht zum Selbstzweck verkommen. Bei vielen Mitarbeitenden herrscht aber genau diese Meinung vor und führt zu Sätzen wie: „Da wird wieder eine neue Sau durchs Dorf gejagt“ oder „Das Bullshit-Bingo geht weiter“. Natürlich ist die Veränderung um ihrer selbst willen nicht das Ziel. Aber aufgrund mangelnder Kommunikation entsteht dieser Eindruck. Da wird zum Beispiel Office 365 ausgerollt, ohne den Mitarbeitenden zu erklären, warum das cloudbasierte Arbeiten das Unternehmen nach vorne bringt. Oder es wird ein Kulturprogramm aufgelegt, das die Organisation agiler und innovativer machen soll. Es wird jedoch versäumt zu kommunizieren, auf welches Problem dieses Programm die Antwort ist. Und nicht zu vergessen der CEO, der seiner obersten Personalerin Druck macht, doch endlich auch mal dieses „New Work“ und diese „Agilität“ einzuführen. Und heraus kommt ein „Agile-Leadership-Seminar“.

Veränderungen, die nicht nur eine Minderheit in einer Organisation betreffen, sind nie leicht. Aber nur wenn „das Warum“ allen Beteiligten klar ist, entsteht die nötige Energie, um den Wandel erfolgreich zu meistern. Heute kann man in Unternehmen den Menschen nicht einfach mehr etwas vorsetzen. Der mündige Mensch will verstehen und sich dann entscheiden können. Und wenn von „oben“ nichts kommt, müssen Mitarbeitende selbst nach dem „Warum“ fragen. Auch das gehört zum eigenverantwortlichen Handeln, das Führungskräfte mehr und mehr einfordern.

Menschen wollen ernst genommen werden

Wenn Menschen begreifen, warum ein Wandel nötig ist, sie angehört werden, sich vielleicht einbringen können und auch noch von dem angestrebten Zustand überzeugt sind, werden sie (fast immer) den Change unterstützen. Sie wollen einfach als mündige Menschen ernst genommen werden. Sie wollen den Respekt, den sie auch in ihrem privaten Umfeld erhalten.

Damit Menschen den nötigen Wandel allerdings verstehen können, ist ebenfalls das „Wie“ entscheidend. Ist die Change Story einfach und klar? Erzeugt sie etwas in den Mitarbeitenden? Entstehen bei ihnen Bilder? Eine Change Story sollte – nach einem ausführlichen Austausch – eine gute Gestalt haben. So wird es den Menschen einfach gemacht, hinter dem angestrebten Zustand zu stehen und ihn für sinnvoll zu halten.

Letztlich muss sich das „Warum“ auf wenige Sätze und Bilder herunterbrechen lassen können – sodass auch ein fünfjähriger Junge verstehen würde, warum die Veränderungen notwendig sind.

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Nehmen wir mal an, ein Durchschnittsdeutscher fühlt sich immer schlapp und träge, kommt nach den ersten fünf Stufen außer Puste. Er weiß, er muss etwas ändern. Wird er sofort einen radikalen Lebenswandel angehen? Eher nicht. Der erste Weg wird vielleicht das Weglassen der täglichen Tafel Schokolade sein – oder die Hälfte davon – sowie der Umstieg vom Auto auf das Fahrrad, wenn es zum wöchentlichen Kegelabend in der Parallelstraße geht. Dafür belohnt er sich aber dann mit einem kalten Weizenbier. Doch häufig reichen solche punktuellen Veränderungen leider nicht.

Nicht wenige Unternehmen versuchen es trotzdem. An die neue Arbeits- und Wirtschaftswelt wollen sie sich ein bisschen anpassen, anderes soll bleiben wie es ist. Der Blick fürs Ganze und für Interdependenzen fehlt. Und so erleben wir momentan, wie in den Organisationen eine neue Welt auf eine alte trifft. Wie einerseits neue Social-Collaboration-Technologien eingesetzt werden und Home Office möglich ist und andererseits die Erweiterung des Speicherplatzes einen komplexen Freigabeprozess mit vier Unterschriften braucht.

Mehr als das Erreichen von Kennzahlen

Die Einsicht vieler Unternehmen, dass man schneller, flexibler und innovativer werden muss, ist da. Und der erste Ansatz, dies zu erreichen, besteht dann in Trainingsmaßnahmen, Start-up-Gründungen und einem Herumdoktern am Organigramm. Doch das Herz der alten Welt wird meistens nicht angetastet. Es schlägt weiter: ein Performance-Management-System, das die Silooptimierung und das Misstrauen fördert. Das klassische Performance Management ist ein Relikt aus dem Industriezeitalter. Es geht davon aus, dass der Einzelne ohne Boni nicht in der Lage oder willens ist, seine beste Leistung zu bringen. Damit drückt sich auch ein entsprechendes Menschenbild im Unternehmen aus, wonach das Individuum sich nicht selbst motivieren kann. Performance Management kann aber mehr sein als das Erreichen von Kennzahlen und das Ausfüllen von Bewertungsbögen und es kann auch von dem Streben nach einer Kultur des Vertrauens und der Vernetzung geprägt sein.

Die meisten Unternehmen wollen eine solche Kultur. Dies wird jedoch nicht gelingen, wenn die Prozesse und Instrumente nicht entsprechend angepasst werden. Kein Kulturwandel gelingt mit einem Performance Management, das den Wettbewerb zwischen den Mitarbeitern fördert und das Menschen durch Beurteilungen in Form von Noten frustriert. Ein nach vorne gerichteter, lösungs- und entwicklungsorientierter Dialog zwischen Führungskraft und Mitarbeiter wäre in einer komplexer werdenden Welt nötig. Feedback und Lernen als Kern des Systems statt der Bewertung vergangener Leistungen mithilfe komplexer Skalen.

Den Raum für Führung nutzen

Ist das einfach? Nein. Tut es weh? Ja. Es ist unbequem, weil Führungskräfte den entstehenden Raum nutzen müssen für dialogorientierte Führung und sie sich nicht mehr an irgendwelchen Skalen festhalten können, die Objektivität vorgaukeln.

Wer Transformation will, muss sie ganzheitlich angehen, muss auch dorthin gehen, wo Veränderung wehtut, weil sie nicht nur ein neues Verhalten verlangt, sondern am vorherrschenden Menschenbild rüttelt, das Einnehmen neuer Perspektiven verlangt. Das kann dann sogar soweit führen, dass man den Kegelabend durch eine Laufgruppe ersetzen muss, weil die alten Kumpels einfach nicht akzeptieren wollen, dass Kegeln ohne Weizenbier geht. Und ja, natürlich tut das weh.

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