Jetzt bloß nicht wegducken!

Als „ChatGPT“ plötzlich in aller Munde war, bekamen die Mitarbeitenden eines mittelständischen Unternehmens von ihrer Geschäftsführung folgende Mail: „KI (Künstliche Intelligenz) und entsprechende Tools haben seit einiger Zeit unser aller Aufmerksamkeit. Wir ermuntern alle, sich neugierig und offen mit den Möglichkeiten von KI zu befassen, Tools auszuprobieren und auch Vorschläge zu unterbreiten. Dabei sollte der sorgsame Umgang gleichzeitig oberste Priorität haben (…)“.

Zudem verwies die Geschäftsführung auf eine Guideline, die sich im Anhang der Mail befand, sowie auf eine extra eingerichtete Mailadresse, an die Mitarbeitende ihre Fragen rund um KI schicken konnten.

Als ich diese E-Mail zu Gesicht bekam, war ich beeindruckt. Augenscheinlich entschied sich die Unternehmensleitung – trotz aller Unsicherheiten – für einen offenen Umgang mit dem Thema Künstliche Intelligenz.

Natürlich wird KI schon seit Längerem in der Wirtschaftswelt eingesetzt. Aber bis zum Herbst 2022 ist der durchschnittliche Mitarbeitende eher nicht mit ihr in Berührung gekommen. Mit dem Aufkommen der „Generative Pre-trained Transformer“ (GPT)-Reihe von KI-Modellen hat sich das geändert. Nun kann KI auch den „normalen Büroangestellten“ die Arbeit erleichtern: zum Beispiel bei der Textverarbeitung, der Datenanalyse, der Recherche von Themen, bei der E-Mail-Kommunikation oder der Erstellung von Präsentationen.

Einen Rahmen setzen, um die Diskussion zu ermöglichen

Mit der Veröffentlichung von ChatGPT hat das Thema Künstliche Intelligenz in den Unternehmen einen unglaublichen Schub bekommen, gerade weil jetzt auch das Top-Management in den Organisationen hellhörig geworden ist. KI ist nun nicht mehr nur das Thema der IT-Nerds. Wirklich alle Fachexperten, die sich mit KI beschäftigen, sagen: Die Veränderungen der Arbeitswelt werden enorm sein.

Eine wesentliche Frage für alle Spitzenmanagerinnen und Unternehmenslenker muss deshalb sein, wie man die Mitarbeitenden an diese Veränderungen heranführt: Was müssen sie wissen? Wie fördert man die Neugierde für KI? Wie unterstützt man das spielerische Ausprobieren? Was braucht es, um die Zusammenarbeit von KI und Mensch bestmöglich zu gestalten? Wie adressiert man Ängste? Es geht jetzt darum, zumindest den Rahmen zu setzen, damit die Diskussion in den Unternehmen rund um KI möglich wird – und eben vielleicht auch das Ausprobieren und Lernen. Für fatal halte ich es, die Datenschutzproblematik, die es zweifelsohne gibt, vorzuschieben, um den Umgang der Mitarbeitenden mit KI gar nicht erst möglich zu machen.

Es gibt aber glücklicherweise schon heute eine Menge Unternehmen, die ihre Mitarbeitenden an die KI-Technologie heranführen.

Die Berliner Stadtreinigung hat beispielsweise Ende September die „Future Work Week“ veranstaltet zum Thema „Digitales Arbeiten“, bei der es in den zahlreichen Sessions auch ganz viel um den Umgang mit Künstlicher Intelligenz ging.

Das Drogerieunternehmen dm hat im August mitgeteilt, dass es einen unternehmenseigenen KI-Chatbot für die Mitarbeitenden entwickelt hat. dmGPT bietet einen ähnlichen Funktionsumfang wie ChatGPT und nutzt die gleiche Technologie im Hintergrund. dmGPT läuft jedoch ausschließlich auf der dm-Infrastruktur. „Die Nutzerinnen und Nutzer können individuell Aufgaben an dmGPT abgeben, sei es die Bearbeitung von Texten, die Unterstützung bei der Programmierung, das Ausbessern von Programmfehlern oder die Erstellung von Konzepten.“

Ebenso hat Bosch ein eigenes KI-Sprachmodell angekündigt. BoschGPT soll unter anderem auf der Basis aller Informationen in der hauseigenen Datenbank den Mitarbeitenden Antworten geben. Bislang ist das Bosch-Wissen in der Datenbank nur über Schlagwörter auffindbar.

Solche unternehmenseigenen KI-Modelle werden mit Sicherheit zunehmen. Sie werden normale Werkzeuge für die Mitarbeitenden. Und das ist gut so. Denn so wird ein notwendiger Anfang gesetzt, damit sich die Mitarbeitenden mit den nächsten Entwicklungen leichter vertraut machen können. [JCW]

 

Als Chefredakteur von changement! schaut Jan C. Weilbacher kritisch auf Themen rund um Transformation und Change Management. (Bild Jan C. Weilbacher)

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„Wie siehst du das?“

Im Rahmen von Transformationsvorhaben und Change-Projekten sind Workshops selbstverständlich beliebte Instrumente. Und mittlerweile sind diese sogar in eher klassischen Konzernen durchaus erlebnisorientiert gestaltet. Es wird Wert auf die Details gelegt und es werden innovative Methoden eingesetzt. Eine professionelle Moderation sorgt für Abwechslung: Klar, auch die Ansprüche der Teilnehmenden wachsen.

Bei aller Erlebnisorientierung darf allerdings die Wirksamkeit nicht verlorengehen. Die Teilnehmenden sollen einen Nutzen von dem Workshop haben. Der wird häufig jedoch weniger durch kreative Erlebnisse erzeugt als vielmehr durch ganz einfache Dinge. Das ist das, was ich im Laufe der Zeit festgestellt habe. Und zu diesen „einfachen Dingen“ gehört vor allem: Raum für Austausch.

Gemeinsam neue Ansätze suchen

Meiner Erfahrung nach honorieren Teilnehmende fast immer, wenn sie die Möglichkeit bekommen, sich zu vernetzen und sich über Herausforderungen in ihrem Job auszutauschen – und zwar nicht mit dem Trainer oder der Moderatorin, sondern mit Menschen, die ähnliche Herausforderungen haben. Das können zum Beispiel Mitarbeitende aus demselben Unternehmen in ähnlicher Funktion, aber in einem anderen Bereich sein. Oder aber auch Externe, die man bei einem unternehmensübergreifenden Austausch trifft, die in einer anderen Organisation arbeiten, aber vergleichbare Probleme im Joballtag zu bewältigen haben.

Als ganz besonders wertvoll habe ich diesbezüglich die „kollegiale Fallberatung“ erlebt, bei der ein konkretes berufliches Anliegen einer Person im Rahmen eines Beratungsprozesses besprochen wird – eine machtvolle Methode. Kollegen und Kolleginnen bringen ihre Perspektiven, ihr Fachwissen, ihre Erfahrungen ein, um in Bezug auf den jeweiligen „Fall“ gemeinsam nach Lösungen und neuen Ansätzen zu suchen. Wichtigste Voraussetzung dabei ist die Bereitschaft, sich zu öffnen, und dafür braucht es ein Gefühl der „psychologischen Sicherheit“.

Dieses Gefühl haben viele Führungskräfte in ihrem eigenen Unternehmen oft nicht, weshalb die kollegiale Fallberatung für diese Gruppe meist noch besser unternehmensübergreifend funktioniert als intern. Unter Gleichgesinnten aus anderen Organisationen haben sie nichts zu befürchten und können sich öffnen. Und die Führungsthemen sind in vielen Unternehmen ähnlich. Das gegenseitige Verständnis für die jeweiligen Herausforderungen der Führungskräfte, die sich häufig in einer unangenehmen „Sandwich-Position“ befinden, ist deshalb groß.

Glaubwürdige Expertinnen und Experten

Allgemein kann man beobachten, dass das vernetzte Lernen unter den Mitarbeitenden an Bedeutung gewonnen hat – nicht selten zulasten der klassischen Trainings und Seminare. Viele Kolleginnen und Kollegen haben enormes Fachwissen und vielfältige Kompetenzen, an denen sie andere gerne teilhaben lassen. Das Potenzial ist riesig. Hinzu kommt, dass diese Expertinnen und Experten in der Regel eine große Glaubwürdigkeit genießen und sie das Unternehmen kennen. Sie wissen um die organisationalen Herausforderungen.

Und Glaubwürdigkeit ist schließlich auch ein Grund, warum die Kollegen und Kolleginnen auch im Rahmen von Change-Prozessen in einer Organisation eine wichtige Rolle spielen – als Multiplikatoren oder im Falle einer Software-Einführung zum Beispiel als Key User, die als Ansprechpartner zur Verfügung stehen.

Das Voneinanderlernen und Mitarbeitende als Key User und Multiplikatoren, die mit Herz und Überzeugung hinter einem Projekt stehen, sind in der Regel wichtiger für den Erfolg eines Change-Vorhabens als die „bunte Change Story“ auf den PowerPoint-Folien. [JCW]

 

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changement! Heft 06/2023

Es ist nicht allzu lange her, da ertönte bei jeder Unternehmensveränderung der Ruf nach einer Change Story. Da sollte alles reingeschrieben werden, was den Wandel oder die Transformation angeht. Schön verpacken, und dann ab damit an alle Mitarbeitenden. Alles geklärt, keine Fragen offen – also, in der Theorie zumindest.

Mittlerweile ist der Hype etwas abgeklungen. Wenn es um „Storytelling im Change“ geht, wird heute häufig lieber etwas großspuriger vom „Transformationsnarrativ“ gesprochen. Dabei geht es vor allem um „Purpose“ und „das Warum“ von Wandel.

Möglicher Aufbau einer Change Story

Ich selbst finde den Einsatz von Change Storys geeignet, wenn vor allem zwei Punkte gegeben sind:

  • Die Change Story ist wirkungsvoll, wenn sie als Instrument im Rahmen eines Projektes zum Einsatz kommt. Ein Projekt kann zum Beispiel aufgesetzt werden für eine Software-Einführung oder aufgrund struktureller Veränderungen. Bei einem agilen Setting kann ruhig manches offen bleiben. Wichtig ist Transparenz.
    Die Change Story macht unter anderem den Zweck der Veränderung und den Nutzen deutlich, gibt Orientierung und motiviert im besten Falle sogar. Sie muss nicht lang sein und ist an kein Medium gebunden. Wichtig ist insbesondere, dass die wichtigsten Kernbotschaften sich verbreiten.
    Zusammen mit einem Change-Communication-Konzept, das auf die Kommunikationsziele, die Kommunikationsarchitektur und Rollen eingeht, bildet die Change Story einen Rahmen für die Kommunikationsmaßnahmen im Projekt.
  • Der zweite Punkt betrifft das Vorgehen selbst und ist noch wichtiger. Denn die Kraft der Change Story liegt weniger im Inhalt als im Prozess. Im Rahmen der Entstehung sollten möglichst viele Perspektiven berücksichtigt werden. Oft zeigt sich nämlich erst in der Entwicklung und der Verschriftlichung, ob die wichtigsten Akteure und Akteurinnen ein ähnliches Verständnis von den Inhalten
    und Zielen der Veränderung haben. Häufig ist das nämlich nicht der Fall, sodass Entwürfe von Change Storys nicht selten die Grundlage bilden für notwendige Diskussionen und Konflikte. Und das ist gut so.

Change-Kommunikation ist zuallererst Dialog und erst dann Information. Das sollte man auch bezüglich der Entwicklung und des Einsatzes der Change Story nicht vergessen. [JCW]

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changement! Heft 05/2023

 

Das „Warum“ in Veränderungsprozessen wird oft vernachlässigt. Doch dies zu kommunizieren ist essentiell. Im Beitrag „Eine Change Story kann das „Warum“ verständlich machen“ finden Sie die Lösung.

Veränderungsbegleiter und -begleiterinnen werden bald noch mehr zu tun bekommen. Denn ohne Zweifel werden GPT und andere KI-Modelle die Arbeitswelt massiv verändern.

Ursprünglich wollte ich diese Kolumne von ChatGPT schreiben lassen und die gewonnene Zeit für einen schönen Spaziergang nutzen. Aber das Schreiben hilft mir nun mal beim Denken, manchmal ist es auch Therapie. Das kann ich GPT (noch) nicht überlassen.

Der Hype um die KI-Software GPT von OpenAI ist groß – und das völlig zu Recht. Meiner bescheidenen Ansicht nach wird der Wandel so gewaltig wie die Veränderungen durch das Smartphone.

Was ChatGPT sagt, wie es die Arbeitswelt verändert*

Als künstliche Intelligenz mit einer Fähigkeit zur natürlichen Sprachverarbeitung hat ChatGPT das Potenzial, die Arbeitswelt auf verschiedene Weisen zu verändern. Hier sind einige Beispiele:

  • Effizientere Kommunikation: 

    ChatGPT kann Unternehmen dabei helfen, ihre interne und externe Kommunikation zu verbessern. Mitarbeiter können auf einfache und intuitive Weise mit ChatGPT interagieren, um schnell Antworten auf ihre Fragen zu erhalten und Aufgaben zu erledigen. Das spart Zeit und ermöglicht eine effizientere Zusammenarbeit.

  • Automatisierung von Routineaufgaben:

    ChatGPT kann bei der Automatisierung von Routineaufgaben unterstützen, die sonst von Menschen erledigt werden müssten. Das bedeutet, dass Mitarbeiter mehr Zeit für kreative und strategische Aufgaben haben, die einen höheren Mehrwert für das Unternehmen haben.

  • Verbesserung des Kundenservice:

    ChatGPT kann Unternehmen dabei helfen, ihren Kundenservice zu verbessern, indem es rund um die Uhr verfügbar ist, um Fragen von Kunden zu beantworten und Probleme zu lösen. ChatGPT kann auch dabei helfen, die Kundenzufriedenheit zu steigern, indem es personalisierte Empfehlungen und Lösungen anbietet.

  • Erhöhung der Datenqualität:

    ChatGPT kann dabei helfen, die Qualität von Daten zu verbessern, indem es Eingaben von Mitarbeitern und Kunden auf fehlerhafte oder inkonsistente Informationen prüft. Dies kann dazu beitragen, bessere Geschäftsentscheidungen auf der Grundlage von zuverlässigen und konsistenten Daten zu treffen.

* = Den Text hat ChatGPT erstellt.

Ich selbst hatte einen ersten kleinen Aha-Moment, als ich als absoluter Auto-Laie eine Information zu Stoßstangenlackierungen gesucht habe und bei Google nicht fündig wurde. ChatGPT wusste hingegen sofort, was ich wollte, und lieferte prompt eine Antwort, die mir geholfen hat.

Nur wenige Tage zuvor kam mir zu Ohren, dass die Firma einer Bekannten, ein Onlineshop, kurzfristig die Suche nach Textern für das Produktmarketing aufgegeben hatte, um stattdessen ihr Glück mit ChatGPT zu versuchen. Ordentliche Produktmarketing-Texte schafft die KI nämlich locker.

Anfang März wurde eine erste Studie des MIT zum Produktivitätseffekt von ChatGPT gemessen. Die Ergebnisse dieser kleinen empirischen Studie geben eine Ahnung, wohin die Reise geht. 450 Akademikern und Akademikerinnen (Marketeers, Personaler, Berater, Datenanalysten, Manager) wurden berufsspezifische Aufgaben gegeben, die einmal ohne und einmal mit Zugriff auf ChatGPT erledigt werden konnten.

80 Prozent der Probanden entschieden sich im zweiten Durchgang, ChatGPT für die Aufgabe zu verwenden, die sie im Durchschnitt 35 Prozent schneller als ohne den Zugriff auf die KI erledigten. Die Qualität des Outputs stieg laut Studie ebenfalls. Mit ChatGPT erhöhten sich sowohl die Gesamtnoten als auch die spezifischen Noten in Bezug auf die Qualität des Schreibens, des Inhalts und hinsichtlich der Kreativität.

ChatGPT wird das Arbeiten vieler Menschen im Büro erleichtern, effizienter und schneller machen. Man kann mit ChatGPT Dialoge führen und Dokumente analysieren lassen. Es kann aber auch selbst kreativ werden, zumindest ist es darauf trainiert, beispielsweise Geschichten oder Liedtexte kreieren zu können. Damit es in Unternehmen aber wirklich wirksam genutzt werden kann, ist es wichtig, dass die KI per API mit den Unternehmensdaten verknüpft wird. Auch das ist möglich.

GPT-4 ist noch viel leistungsstärker

OpenAI veröffentliche von seinem KI-Sprachmodell Mitte März die Version 4 – und die hat wirklich erstaunliche Fähigkeiten. GPT-3 nutzt 175 Milliarden Parameter. Das neue Modell soll angeblich mit einer Billion arbeiten.

GPT kann beispielsweise nun auch auf Bilder und Audio als Input reagieren sowie wesentlich längere Texte erstellen – und das alles in sehr guter Qualität. Das Modell hat auch schon aus einer krakeligen handgemalten Skizze für eine Webseite einen passenden Programmiercode und damit die fertige Webseite erstellt.

KI-basierte Tools werden den Arbeitsalltag durchdringen. GPT soll zum Beispiel mit Microsoft 365 verknüpft werden. Das passiert unter anderem in Form von Copilot, der Präsentationen, Texte und Mails erstellen kann und dabei auf bestehende Notizen oder Unternehmensdaten zurückgreift. KI wird uns helfen, auch ohne IT-Spezialwissen wiederkehrende Aufgaben zu automatisieren, Chatbots und Apps zu entwickeln. Wir sind dann nicht mehr nur einfache IT-Nutzer, sondern digitale Gestalterinnen und Gestalter. Diese Rollen-Transformation muss begleitet werden.

Natürlich gilt es vor lauter Euphorie nicht blind zu werden. Auch GPT-4 ist (im geringen Maße) noch fehleranfällig. Das wird allerdings nichts daran ändern, dass derartige Sprachmodelle Einzug halten werden in unser Arbeitsleben, nicht nur über Bürosoftware, sondern auch in wichtigen Geschäftsprozessen. Und genau das passiert gerade: im Kundenmanagement, bei der Erstellung von Marketingtexten oder um Programmierprozesse zu beschleunigen. Und die Entwicklung der KI-Modelle wird nicht einfach aufhören. Die Dynamik der Verbesserungen ist enorm.

Bei vielen Mitarbeitenden wird es sicherlich Ängste und Unsicherheiten geben. Jobs werden verschwinden. Für Change-Begleiter und Veränderungsexpertinnen bedeutet das: Es gibt was zu tun. Sie müssen sich mit der Materie auskennen und mit den Business-Verantwortlichen zusammenarbeiten, um die Einführung und Nutzung von Modellen wie GPT bestmöglich zu begleiten. Und es werden Diskussionen geführt werden müssen, in Unternehmen und in der Gesellschaft: Was darf KI? Und was soll definitiv in der Verantwortung des Menschen bleiben?

Und trotzdem werden Veränderungen kommen. Wir sollten uns ihnen nicht verschließen, sondern uns einbringen, den Umgang bzw. die Zusammenarbeit mit der KI trainieren und unsere Nische finden. Die Arbeit wird uns nicht ausgehen, da bin ich sicher. Aber wir müssen wandlungsfähig bleiben. Und ich persönlich werde auch weiterhin selbst meine Texte schreiben – weil Schreiben mein Denken ist. [JCW]

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changement! Heft 04/2023

 

Die Zukunftsfähigkeit unseres Landes – das ist die Wahrheit – hängt stark an der Modernisierung und insbesondere Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung. Die Aussichten sind aber leider trüb – trotz der langsamen Fortschritte, die es durchaus gibt.

Alltag ist jedoch eher noch, dass wir zum Beispiel für den Personalausweis- und Reisepassantrag persönlich in der Behörde auftauchen müssen. Als mit Beginn des Ukraine-Krieges zahlreiche Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind, wurden einem die Unzulänglichkeiten der Verwaltung hierzulande noch mal deutlich vor Augen geführt. Ukrainerinnen und Ukrainer können nämlich in ihrem Land fast alle Behördensachen online über das Mobiltelefon erledigen. In Deutschland hingegen ist das Wort „Behördengänge“ wörtlich zu nehmen. Wir assoziieren Verwaltung mit tristen, unübersichtlichen grauen Gebäuden, in denen man stundenlang sitzt und sehnlichst wartet, bis die eigene Wartenummer irgendwo aufblinkt. Wir sollten uns nicht daran gewöhnen.

Eigentlich hätten die Behörden die meisten Verwaltungsdienstleistungen bis Ende 2022 gemäß des Onlinezugangsgesetzes bundesweit digital anbieten müssen. Sie haben es nicht geschafft.

Doch selbst wenn ein Prozess als vermeintlich digitalisiert abgehakt werden kann, sieht die Realität bei genauerem Hinsehen meist erbärmlich aus. Das beste Beispiel dafür sind die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG).

Die BAföG-Leistungen können seit 2021 über eine Plattform digital beantragt werden. Allerdings sind die Probleme damit größer geworden. Es kommt zu erheblichen Verzögerungen bei den Genehmigungen. Die Anträge müssen nämlich von den zuständigen BAföG-Ämtern der Studierendenwerke ausgedruckt werden. Es wurde also nur die Antragstellung digitalisiert, die Prozesse dahinter nicht. Fehlendes Personal und zu wenig Papier intensivieren die Problematik.

An diesem Beispiel kann man gut erkennen, dass Digitalisierung oft nicht wirklich durchdacht erfolgt. Im Falle des BAföGs wurde nur der Teilprozess der Antragstellung betrachtet, „die Schauseite“. Es ging lediglich darum, die Vorgabe zu erfüllen.

Digitale Transformation zu gestalten, heißt jedoch, ganzheitlich zu denken und zu handeln. Das gilt sowohl für Behörden als auch Unternehmen. Bezüglich der Prozesse bedeutet ganzheitlich beispielsweise, die Prozesse nicht isoliert zu sehen, sondern end-to-end: Man fängt bei den Kunden an und hört bei den Kunden wieder auf – bis sie die angefragten Leistungen erhalten haben und zufrieden sind. Wer Digitalisierung vorantreiben will, sollte also die Gelegenheit nutzen, die Prozesse generell auf den Prüfstand zu stellen. Sind diese effizient und kundenzentriert?

Herausforderungen und Tätigkeiten der anderen

Und auch die Strukturen müssen entsprechend der End-to-end-Prozesse geprüft werden. Doch egal wie die Organisationsform letztlich aussieht: Erfahrungsgemäß gibt es ein enormes Potenzial bei der Gestaltung der Schnittstellen. Es wird meist zu wenig miteinander geredet und es gibt zu wenig Kenntnis über die jeweils anderen Bereiche.

Ganzheitlich denken und handeln betrifft viele Dimensionen: Anreizsysteme, Führung, Kultur und Kompetenzen sind ebenfalls wichtig bei der digitalen Transformation. Und nicht zuletzt braucht es die vernetzte Nutzung von Daten als Basis für kundenzentrierte Produkte und Dienstleistungen. Ein Riesenhindernis im öffentlichen Bereich.

Im Rahmen der Digitalisierung müssen einige Stellschrauben gedreht werden. Mit dieser Aufgabe lediglich einen Arbeitskreis zu betrauen, reicht nicht aus. Sowohl Behördenchefs und -chefinnen als auch CEOs müssen sich mit den ganzheitlichen Anforderungen einer digitalen Transformation auskennen und Verantwortung dafür wahrnehmen. Und sie müssen spätestens heute mit der Veränderung beginnen. [JCW]

 

Seit einigen Jahren verändern Informationstechnologien, Maschinen mit künstlicher Intelligenz und neue Medien nicht nur Märkte, Branchen und Geschäftsmodelle, sondern auch Produktionsprozesse und Kundenbeziehungen ebenso wie die Formen des Zusammenlebens und -arbeitens. Dr. Rainer Zeichhardt befasste sich im Beitrag „Kulturanalyse im digitalen Wandel“ damit.

Wir müssen einmal über Workshops reden. Sie wissen schon. Diese Veranstaltungen mit circa 15 Teilnehmenden in dunklen Hotelseminarräumen mit alten Teppichböden. Es gibt meist nur ein kleines Fenster. Der Raum befindet sich im Erdgeschoss und es fällt kaum Sonnenlicht rein. Mittags um 11 Uhr muss man das Neonlicht anschalten, weil man sonst gar nicht so genau sagen kann, wie viele Leute anwesend sind.

Der Moderator muss natürlich sein eigenes Material mitbringen. Denn der vom Hotel platzierte Moderationskoffer beinhaltet nur drei Edding-Stifte, deren Farben schon verblasst sind. Ansonsten sind noch einige Moderationskarten, ein paar Stecknadeln, Klebepunkte und ein Tesafilm darin, das immer noch dasselbe von 1993 ist, als der Koffer angeschafft wurde.

Stilvolles Ambiente für kreative Arbeit

Es gibt selbstverständlich eine Stellwand und ein Flipchart im Raum. Doch beides steht etwas wacklig. Am Dreibein-Stativ des Flipcharts fehlt beispielsweise eine Schraube. Und der linke Fuß der Stellwand ist mit einem dunkelgrünen Klebeband fixiert. Die Wand darf keinesfalls ruckartig bewegt werden, sonst bricht sie zusammen.

Der Raum selbst ist – nicht überraschend – zu klein für einen lebendigen Workshop mit 15 Leuten. Und statt eines angedachten Stuhlkreises, in dessen Mitte ein Blumenstrauß in einer Vase steht, befinden sich die Stühle in Reih und Glied oder stehen an Tischen, die wiederum den ganzen Platz ausfüllen.

Und wenn man nun also als externer Moderator etwa eine Stunde vor Beginn des Workshops einen solchen Raum betritt, um alles vorzubereiten, entsteht sofort ein wildes Gedanken- Karussell im Kopf, das sich zu einer einzigen Frage verdichtet: Was lässt sich noch retten an dem Raum?

Als ich noch als Berater tätig war, habe ich einige solcher dunklen Räume in Hotels oder beim Kunden gesehen. Zugegebenermaßen
gab es auch nicht selten das genaue Gegenteil: helle, große Räume mit modernen Arbeitsmaterialien und stilvollem Mobiliar. Räume, die den Sinn und Zweck ausstrahlten, dass kreative Zusammenarbeit ermöglicht und den Teilnehmenden ein wunderbares Erlebnis geboten werden soll.

Workshops sind heutzutage im Rahmen von Transformationen und Change-Prozessen eines der wichtigstes Tools. Vielleicht sogar das wichtigste Tool, wenn man bedenkt, welche Bedeutung mittlerweile die Beteiligung von Mitarbeitenden und Führungskräften im Change hat.

Die Lust auf Zukunft erleben

In einem Workshop wird in der Regel gemeinsam etwas erarbeitet. Damit jedoch die besten Ergebnisse erzielt werden können, müssen die Teilnehmenden sich wohlfühlen, braucht es unter anderem ein inspirierendes Ambiente, großzügige Räume und bewegliche Pinnwände, sodass dynamische Kreativität, Spaß und Abwechslung möglich werden. Und es gilt: Nicht nur im Sitzen arbeiten, auch mal stehen. Und wenn mehrere Kleingruppen parallel bestehen, sollten sie auch nicht zu dicht nebeneinandersitzen.

In diesen Zeiten geht es viel darum, die Veränderungsbereitschaft bei den Mitarbeitenden zu wecken und die Lust auf das gemeinsame Gestalten des Neuen hervorzurufen. Die Lust am Change und die Lust auf die Zukunft sollten sich jedoch auch ein Stück weit schon in den Methoden und Instrumenten wiederfinden, die im Rahmen der Veränderung zum Einsatz kommen. Und dazu gehört in allererster Linie ein toller Workshop, der einen Beitrag leistet, damit Change zum positiven Erlebnis wird. Wenn er allerdings durch einen dunklen, schlecht riechenden Hotelseminarraum symbolisiert wird, wird es gleich am Anfang der Veränderungsreise verdammt schwer. [JCW]

 

Sicher kennen Sie auch die ein oder andere Sammlung mit coolen, agilen Tools. Dort findet man beispielsweise Methoden und Formate wie „Delegation Poker“, die kollegiale Fallberatung, „Lobdusche“, „Kill a stupid rule“ oder Klassiker wie die „Retrospektive“.

Solche Sammlungen werden in der Regel zwischen zwei Buchdeckeln verpackt und bekommen ein Label, das klarmacht: Hier gibt es Werkzeuge aus der New-Work- und/oder agilen Arbeitswelt.

Oft beziehen sich diese Tools allerdings auf die Arbeit mit Gruppen und Teams. Es sind Methoden und Formate, um gemeinsam zu Ergebnissen zu kommen, etwas Neues bewusstzumachen, zu reflektieren oder um zu lernen und sich inspirieren zu lassen.

Gute Analysemethoden findet man in New-Work-Tool-Sammlungen eher selten. Und das ist insofern nicht überraschend, wenn man bedenkt, dass einige der sehr progressiven Organisationsentwickler und -entwicklerinnen Analyse für überbewertet halten. Im Vorfeld einer Transformation oder eines Veränderungsvorhabens würde die Analyse des Bestehenden zu wenig Nutzen bringen und zu viel Zeit kosten, sagen die Kritiker:innen. Man solle schnell ausprobieren und durch das Experimentieren Erfahrungen sammeln.

Eitelkeiten und Machtinteressen

Die vorbereitende Analyse im Change gilt als unsexy. Zugegeben: Man kann sich auch „zu Tode“ analysieren. Und wenn der Sinn und Zweck der Analyse nicht klar ist, kann sie zum reinen Beschaffungsinstrument verkommen.

Dennoch: Ein bisschen langweilige Analyse muss sein. Die Erfahrung zeigt, dass es sich lohnt, vor Beginn eines Change-Projektes Klarheit über bestimmte Begebenheiten und das Umfeld zu bekommen. Und bei besonders großen und etwas komplexen Organisationen gehören die sogenannten Stakeholder dazu – im Unternehmen und eventuell auch außerhalb. In einer E-Commerce-Firma mit 50 Mitarbeitenden ist das natürlich eher uninteressant. In einem hierarchisch geprägten Produktionsunternehmen mit mehreren Tausend White- und Blue-Collar-Workern an verschiedenen Standorten sowie mit einem starken Betriebsrat und anderen Interessensvertretern ist das allerdings anders.

In einem Unternehmen, in dem mehrere große Projekte parallel laufen, in dem es starke „Fürstentümer“ und Führungskräfte mit einer eigenen Agenda gibt, hängt der Erfolg eines großen Change-Projektes nicht selten davon ab, dass man die wichtigsten Stakeholder sowie ihre Interessen kennt und sein Handeln darauf abstimmt.

Es soll Projektleiter gegeben haben, die das vollkommen vernachlässigt haben und kläglich mit dem Projekt gegen die Wand gefahren sind. Meist unerfahrene junge Menschen, die nicht wussten, dass Eitelkeiten und Machtinteressen Einzelner wesentliche Faktoren sind.

Auch die entscheidende Unterstützung kann von wichtigen Stakeholdern kommen. Man muss die Personen halt nur kennen – und dann gutes Beziehungsmanagement betreiben.

Klar: Politisches und strategisches Agieren im Rahmen eines Projektes passt nicht so richtig zu New Work und agilen Tools. Aber es entspricht immer noch der Realität in vielen klassischen Unternehmen. [JCW]

Changeability ist bisher fast ausschließlich als organisatorische Veränderungsfähigkeit beschrieben worden. Damit sich Organisationen und Systeme allerdings überhaupt verändern können, benötigt es handelnde Menschen. Dr. Martina Nohl über „Changeability: Fitmachen für Veränderungen“.

Die Geschäftsführung und drei Führungskräfte der Ebene darunter sitzen zusammen, um über geplante Veränderungen im Unternehmen zu sprechen. Man will ein neues ERP-System einführen, was Abläufe und Zusammenarbeit verändern wird. Von Kulturwandel ist auch die Rede. Die Belegschaft hat von den Veränderungen, die geplant sind, Wind bekommen. Viele Mitarbeitende sind unzufrieden. Das System soll eigentlich in den kommenden Wochen ausgerollt werden. Projektleiter und Geschäftsführung sehen allerdings den Erfolg gefährdet. Die Runde ist unschlüssig, wie man am besten vorgehen soll.

Nach einigen Minuten des Schweigens grinst der Vorsitzende der Geschäftsführung. „Ich hab’s“, sagt er. Alle anderen schauen ihn erwartungsfroh an. „Wir müssen die Mitarbeitenden beteiligen.“ Anerkennendes Nicken in der Runde. Der Heilige Gral scheint gefunden.

Eine solche Situation findet in vielen Unternehmen so ähnlich statt: Das Beteiligen der Mitarbeitenden soll das Vorhaben zum Erfolg führen, ohne dass man genau weiß, was das bedeutet. Die Idee ist ja auch nicht schlecht: Die Beteiligung steht meist ganz oben auf der Liste, wenn von den wichtigsten Erfolgsfaktoren bei Veränderungen die Rede ist.

Alle verstehen etwas anderes unter „Beteiligung“

Wenn wir davon ausgehen, dass eine tiefgreifende Veränderung in den Führungsetagen initiiert wird, dann ist die Beteiligung der Mitarbeitenden natürlich grundsätzlich eine gute Sache. Die Forschung zeigt, dass Menschen Wandel eher akzeptieren, wenn er ihnen nicht einfach übergestülpt wird, sondern sie sich in irgendeiner Form daran beteiligen können. Das ist verständlich. Wer will als erwachsener Mensch schon fremdbestimmt werden.

Wahrscheinlich ist jedoch, dass die Teilnehmer:innen des oben erwähnten Meetings sehr unterschiedliche Vorstellungen davon haben, was unter „Beteiligung“ zu verstehen ist: Der eine will nur über das Projekt informieren, ein anderer hingegen vielleicht sogar die Mitarbeitenden die Software aussuchen lassen.

Erst wenn es konkret wird oder die Maßnahmen auch verschriftlicht werden, zeigen sich die Differenzen. Klar ist: Lediglich über das Vorhaben zu informieren, reicht nicht. Beteiligung heißt, mitzuwirken. Mitarbeitende führen dann nicht nur aus, sondern gestalten mit, nehmen Einfluss auf ein Ergebnis.

Zwischen Mitarbeitenden und Führung muss jedoch deutlich werden, wo und wie Beteiligung möglich ist – und wo eben nicht. Der Rahmen muss gesetzt sein und es darf keine Scheinbeteiligung geben. Denn man kennt das ja: Es werden Ideen der Mitarbeitenden eingesammelt, aber anschließend hören diese nie wieder was von der Geschäftsführung.

Im Falle des ERP-Systems könnte der strategisch gesetzte Rahmen durch die Geschäftsführung unter anderem sein, dass man eine cloud-basierte Software einsetzt und ein integriertes Prozessmodell entstehen soll. Die wichtigsten Geschäftsprozesse werden end-to-end beschrieben.

Ob die Zusammenarbeit allerdings später dann auch funktionsübergreifend gelebt wird, das ist abhängig von den Mitarbeitenden und deren Offenheit, sich mit Kollegen und Kolleginnen zu vernetzen. Eine frühzeitige Beteiligung am Projekt ist dafür eine gute Voraussetzung, damit das wahrscheinlich wird. Beispielsweise könnten Prozesse von Repräsentant:innen der Teams gemeinsam gestaltet werden. Und auch die anderen, die nicht die Prozesse gestalten, können Feedback geben und Ideen einbringen, um die Zusammenarbeit zu verbessern.

Und das ist gut so: Schließlich sind es erwachsene Menschen, die ihren eigenen Arbeitsbereich am besten kennen und häufig ein sehr gutes Gefühl dafür haben, wo es drückt und wie es besser werden kann. Es wäre also ziemlich dumm, die Mitarbeitenden nicht zu beteiligen. [JCW]

Wenn Sie auf einer Business-Veranstaltung einmal Lust haben, zu einer Meinungsäußerung so richtig Gegenwind zu bekommen, dann empfehle ich Ihnen, sehr selbstbewusst folgende These von sich zu geben: Diverse Teams sind weniger erfolgreich als homogene Teams. Der Protest dürfte groß sein. Das Gegenteil gilt nämlich mittlerweile als Gesetz, das nicht mehr hinterfragt wird.

Man braucht nur einmal „Diversity“ und „Teams“ in die Google-Suche geben und man wird überschwemmt mit Artikeln, die alle in der Überschrift die Aussage treffen, dass diverse Teams kreativer sind, bessere Entscheidungen treffen – und/oder schlicht erfolgreicher sind.

Dabei ist die Wahrheit: Es kommt darauf an. Zunächst einmal gibt es ganz unterschiedliche Dimensionen von Diversität – nicht nur das Geschlecht. Diversity-Dimensionen können zum Beispiel auch sein: das Alter, die Dauer der Zugehörigkeit zur Firma, Kompetenzen, Internationalität, soziale Herkunft, Wertegerüst oder sexuelle Orientierung. Das heißt, ein Team kann auf den ersten Blick homogen wirken, weil es beispielsweise nur aus Männern besteht. Aufgrund anderer Dimensionen, die nicht sichtbar sind, kann es trotzdem durchaus heterogen zusammengesetzt sein.

Mehr Kreativität und bessere Ideen

Zudem muss man immer fragen: Was genau wird unter Teamerfolg verstanden? Denn natürlich hat ein heterogenes Team gegenüber einem homogenen in manchen Bereichen Nachteile. Das gilt beispielsweise für die Kommunikation. Menschen, die in etwa im selben Alter sind, aus demselben Kulturkreis kommen, die dieselbe soziale Herkunft haben bzw. eine ähnliche Sozialisierung mitbringen, werden in der Teamkommunikation (anfangs) weniger Missverständnisse erleben, als dass das bei einem Team der Fall ist, in dem Berufsanfänger:innen aus Peru neben „alten Hasen“ aus Deutschland arbeiten. Und diese Störungen in der Kommunikation wirken sich sicherlich auch auf die Team-Performance aus.

Doch wissenschaftlich belegt ist ebenfalls, dass Vielfalt in der Regel zu einem Mehr an Kreativität und zu besseren Ideen führt. Es gibt weniger blinde Flecken als bei homogenen Teams, weil eine größere Bandbreite an Perspektiven eingebracht wird von den Teammitgliedern.

Es gibt ja auch in der heutigen Arbeitswelt kein Zurück mehr. Die Unterschiedlichkeit an Perspektiven und die Vielfalt hinsichtlich Kompetenzen und Erfahrungen bei der Bearbeitung von Problemen und Themen werden immer wichtiger, weil Unternehmen sich in immer komplexer werdenden Umfeldern bewegen. Vernetzung und Diversität sind eine wesentliche Antwort auf Komplexität. Deswegen findet man in den Organisationen auch immer mehr cross-funktionale Teams und das Arbeiten in Netzwerken.

Die Entwicklung eines neuen Bankproduktes kann man natürlich beispielsweise nur den Vertriebsleuten überlassen. Dann wird’s aber Mist. Es braucht auch UX-Designer:innen, Digital- Marketing-Expert:innen, Software-Entwickler:innen und vielleicht sogar Kund:innen, damit echte Erfolgsaussichten bestehen.

Da aber Vielfalt allein noch kein Erfolgsgarant ist, ist es ebenfalls von Bedeutung, dass gerade heterogene Teams gut begleitet werden – beispielsweise von Agile Coaches, die bei einer effektiven Zusammenarbeit unterstützen. Zudem hilft es, sich einen Rahmen in Form von gemeinsam erarbeiteten Regeln zu geben, auf die man sich zum Beispiel bezüglich der Kommunikation immer wieder beziehen kann: Wann nutzen wir für was die E-Mail-Kommunikation? Was ist jeweils der „Definition of Done“? Welches Verhalten ist uns bei Meetings wichtig?

Gemeinsame Regeln zu haben, mag unsexy sein. Aber sie helfen, um das Beste aus der Vielfalt in Teams rauszuholen. [JCW]

 

Unter The Shift Initiative Erfolgsfaktor female findet ihr weitere Role Models aus Wirtschaft und Gesellschaft für das Thema Diversity & Inclusion.

 

Wenn man als Berater arbeitet, lernt man schnell, dass Tools und Methoden unglaublich wichtig sind. Jede Beraterin und jeder Berater muss einige Werkzeuge griffbereit im Köcher haben, wenn er oder sie auf die Kunden losgeht. Und die Kunden mögen sie auch, die Analyse-Instrumente, Kreativmethoden und Bewertungstools. All das und noch viel mehr verstehe ich unter „Tools und Methoden“, „Werkzeuge, mit denen beispielsweise Themen und Probleme visualisiert und/oder strukturiert werden, um auf dieser Basis bessere Entscheidungen gut treffen oder Probleme gut bearbeiten zu können.

Die Begeisterung von allen Seiten für diese Werkzeuge ist nachvollziehbar. Beratungen punkten damit, dass sie eine Reduzierung von Komplexität anbieten können. Sie ordnen mit Tools schwierige Fragestellungen und liefern einfache Antworten. Sie sind auch leicht anzuwenden. Und einfache Antworten bei leichter Anwendung – wer will das nicht?

Trotz aller Risiken und berechtigter Kritik: Unterm Strich bieten Tools und Methoden bei vielen Fragestellungen einen echten Mehrwert. Besonders beliebt ist ja bei Beratungen die 4-Felder-Matrix – und das in verschiedenen Variationen. Sie lässt sich auch schnell erstellen. Meist braucht es nur eine Fragestellung sowie eine X- und eine Y-Achse. Dann kann es losgehen mit der Eingruppierung in eines von vier Feldern.

Zum ersten Mal ist die 4-Felder-Matrix in Form der BCG-Matrix populär geworden. Die BCG-Matrix ist ein Instrument, um anhand der Dimensionen Marktanteil und Marktwachstum Produkte oder Geschäftseinheiten zu bewerten und miteinander zu vergleichen.

Eine andere 4-Felder-Matrix ist auch die Eisenhower-Matrix, die man für das Aufgabenmanagement einsetzen kann. Hier werden Anforderungen bzw. Aufgaben anhand der Dimensionen Dringlichkeit und Wichtigkeit geordnet.

Besonders mag ich die sogenannte „How-Wow-Now-Matrix“, ein Kreativitäts-Tool, um Ideen anhand der Kriterien „Wirksamkeit“ und „Machbarkeit“ zu bewerten. Was „wow“ ist, sollte man ganz besonders ins Visier nehmen.

Die bekannteste 4-Felder-Matrix ist allerdings sicherlich die SWOT-Analyse. Sie ist universell einsetzbar. Produktideen, Geschäftsfelder, Teams, Organisationen – so ziemlich alles kann mit Hilfe der vier Felder „Stärken“, „Schwächen“, „Chancen“ und „Risiken“ analysiert werden.

All diese Tools ermöglichen durch ihre Visualisierung und Strukturierung einen klareren Blick und erleichtern (strategische) Entscheidungen. Doch vor allem liegt ihre Kraft darin, dass sie den Austausch fördern. Denn Methoden wie eine SWOT- oder eine How-Wow-Now-Matrix können im Rahmen von Workshops von mehreren Teilnehmenden gemeinsam befüllt werden. So werden unterschiedlichen Perspektiven eingebracht.

Damit sind solche Tools mehr als nur Analyse- und/oder Strukturierungswerkzeuge. Sie schaffen vielmehr Transparenz, fördern Vernetzung und Partizipation. [JCW]