Die Wahrnehmung der eigenen Ängste ist die Basisqualifikation für das Management

Klaus Eidenschink ist Publizist, Coach, Therapeut und Ausbilder für Coaches und Berater. Er lebt und arbeitet in München. Er ist Autor der Bestseller-Bücher „Die Kunst des Konflikts. Konflikte schüren und beruhigen lernen“, „Es gibt keine Narzissten! Nur Menschen in narzisstischen Nöten: Eine Handreichung für alle und jede(n)“ und „Das Verunsicherungsbuch: Warum das Gute auch schlecht ist. Für Coaches und andere Mutige“.

Narzissmus ist keine angeborene Charakterschwäche, sondern eine Reaktion auf innere Nöte, sagt der Psychologe Klaus Eidenschink. Und gerade in Chefetagen gibt es überdurchschnittlich viele Männer und Frauen mit derartigen Nöten. Sie können meist gut die Schauseite der Organisation bespielen. Wenn allerdings der Bezug zur Realität verloren geht, wird es für eine Organisation problematisch. Ein Gespräch über die Zunahme narzisstischer Nöte, ihren Einfluss auf Unternehmen und warum Emotionen von Führungskräften ein wichtiges Change-Thema sind.

Sie haben im vergangenen Jahr ein Buch veröffentlicht mit dem Titel „Es gibt keine Narzissten! Nur Menschen in narzisstischen Nöten“. Was bedeutet diese Unterscheidung im Umgang mit betreffenden Personen?
In dem Moment, in dem man einen Menschen als Narzissten tituliert, reduziert man ihn auf diesen Aspekt seiner Persönlichkeit. Er oder sie wird dann zum Narzissten.

Es gibt leider eine Neigung bei uns Menschen, Komplexität minimieren zu wollen und den Wunsch der moralischen Überlegenheit, weshalb wir unter anderem allzu gerne andere Personen mit problematischen Etiketten versehen. Etiketten sind aber eher für Flaschen und weniger für Menschen geeignet.

Gerade wenn jemand problematische Züge hat, ist es umso wichtiger, eine Art von Kontakt aufzubauen, die nicht von vorneherein den Einfluss auf diese Person erschwer t oder gar unmöglich macht.

Wenn ich Menschen mit dem Fokus auf ein vermeintliches oder tatsächliches Defizit betrachte und sie somit als reparaturbedürftig ansehe, macht es mir meine Beobachtungsperspektive schwer, empathisch zu bleiben. Wenn ich also als Berater, Coach, HR-Manager oder Therapeut auf Menschen Einfluss nehmen möchte, die schwierige Verhaltensweisen an den Tag legen, muss ich verstehen, dass diese immer auf inneren Nöten beruhen, oder anders gesagt: Das jeweilige problematische Verhalten ist für den betroffenen Menschen die Lösung für seine Not.

„Man glaubt, etwas von Menschen verstanden zu haben, wenn man sie in Schubladen steckt. Das ist immer unterkomplex.“

Das heißt, wir Menschen haben generell eine Neigung, Komplexität zu vereinfachen und reduzieren beispielsweise Menschen auf einzelne Attribute oder bilden Persönlichkeitstypologien. Das ist unabhängig davon, ob das Gegenüber in narzisstischen Nöten ist oder ein anderes problematisches Verhalten zeigt?
Richtig. Man glaubt, etwas von Menschen verstanden zu haben, wenn man sie in Schubladen steckt. Das ist immer unterkomplex.

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Klaus Eidenschink ist Publizist, Coach, Therapeut und Ausbilder für Coaches und Berater. Er lebt und arbeitet in München. Er ist Autor der Bestseller-Bücher „Die Kunst des Konflikts. Konflikte schüren und beruhigen lernen“, „Es gibt keine Narzissten! Nur Menschen in narzisstischen Nöten: Eine Handreichung für alle und jede(n)“ und „Das Verunsicherungsbuch: Warum das Gute auch schlecht ist. Für Coaches und andere Mutige“.