Der Mittelpunkt der vierten industriellen Revolution
Künstliche Intelligenz ist nicht einfach eine neue Technologie – sie ist der Mittelpunkt der vierten industriellen Revolution, sagt Sabina Jeschke. Im Interview spricht die KI-Expertin über die Voraussetzungen für eine KI-Transformation, die Veränderungen von Führung sowie über die Vielzahl der KI-Anwendungen, die in den kommenden Jahren in den Unternehmen zum Standardrepertoire gehören werden.
Frau Jeschke, wenn Sie den Begriff „KI-Transformation“ hören, was verstehen Sie darunter?
KI-Transformation bedeutet nicht nur die Einführung neuer Tools, sondern einen tiefgreifenden Wandel der betrieblichen Logik – vergleichbar mit der Elektrifizierung oder Digitalisierung. Sie betrifft Strukturen, Kompetenzen, Entscheidungswege und Geschäftsmodelle. Im Kern steht eine neue Form der Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine: KI agiert nicht als bloßes Werkzeug, sondern als intelligenter Partner, der zunehmend Mitsprache erhält. Diese enge Kooperation verändert nicht nur Abläufe, sondern fordert auch unser Verständnis von Verantwortung, Kreativität und Führung heraus. Daraus ergibt sich ein umfassender Kulturwandel, den Unternehmen aktiv gestalten müssen, wenn sie zukunftsfähig bleiben wollen.
Wenn Sie generell auf die Wirtschaft hierzulande schauen, was sind die größten Hebel, um wirklich mit der Transformation voranzukommen?
Der größte Hebel liegt aus meiner Sicht im Abbau von Überregulierung.
Wir ersticken unsere Innovationsfähigkeit in einem Dickicht aus Regeln, Berichts- und Nachweispflichten. Die Kraft der Unternehmen muss wieder in die Entwicklung neuer Produkte und Geschäftsmodelle fließen – nicht in das permanente Abarbeiten regulatorischer Anforderungen. Parallel dazu müssen wir die Fachkräftediskussion neu denken: Nicht in klassischen Rollen, sondern in konkreten Fähigkeiten, die oft bereits vorhanden sind, aber nirgendwo sichtbar gemacht werden. „Skills statt Roles“ muss die Leitidee sein – und hier kann KI helfen, Talente neu zu entdecken und gezielt weiterzuentwickeln. Und schließlich brauchen wir mehr Mut zur strategischen Umsetzung: Wer KI ernsthaft verankern will, braucht ein klares und ambitioniertes Zielbild, einen systematischen Ansatz – etwa entlang von Reifegradmodellen – und die Bereitschaft, auch organisational Neues zuzulassen.
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Autor
Prof. Dr. rer. nat. Sabina Jeschke ist Managerin, Gründerin und Wissenschaftlerin. Nach mehr als drei Jahren als Vorständin „Digitalisierung und Technik“ bei der Deutschen Bahn AG und einer 12-jährigen Karriere als Universitätsprofessorin ist Sabina Jeschke seit 2021 CEO des Startup Accelerators KI Park e.V. in Berlin. Sie ist außerdem bei Arthur D. Little als Executive Senior Advisor in der Technologieberatung tätig und bei der Rechtsanwaltskanzlei WTS Legal als „Of Counsel“. Im April 2021 gründete sie das Startup Arctic Brains AB mit Schwerpunkt auf KI-Beratung und -Entwicklung, im Dezember 2021 das Startup Quantagonia GmbH und 2023 das Startup complAIzer GmbH. Sie ist zudem Direktorin des Zentrums für „Quantum Computing Driven AI“ an der FAU Erlangen-Nürnberg.