Porträt von Ingo Elfering, CIO, Fresenius Group. Aus Erfahrung: Im Beitrag schildert er seine persönliche Perspektive zum Change Management.

Ingo Elfering: 5 Fragen zum Change Management

Fünf Fragen an Ingo Elfering, Group CIO, Fresenius

Bislang hat sich im Change Management noch kein Konzept als ultimativ richtig erwiesen. Veränderungen in Organisationen verlaufen höchst unterschiedlich. Deshalb sind die Erfahrungen, Erlebnisse und Eindrücke der Verantwortlichen auch so verschieden. Uns interessiert die persönliche Perspektive von erfolgreichen Managern und Managerinnen. Diesmal stellt sich Ingo Elfering unseren fünf Satzeröffnungen.

Meine bislang größte/wichtigste Business Transformation …

… die IT-Transformation bei Fresenius. Und sie ist es immer noch, denn eine solch umfassende, globale IT-Transformation ist eigentlich nie abgeschlossen.

Die Fresenius-IT war früher stark fragmentiert und dezentral aufgestellt, teilweise überaltert und sehr komplex. In nur zwei Jahren haben wir fundamentale Innovationsprojekte und umfassendes IT Sourcing parallel umgesetzt: Die zentralen IT-Services haben wir zu einem modernen, kosteneffizienten und globalen IT-Portfolio optimiert. Zudem wurde eine flexible und skalierbare Lieferorganisation aufgebaut, die auf Anforderungen der Fresenius-Strategie kurzfristig reagieren kann. Wir haben alle SAP-Systeme in die Cloud überführt – in nur 15 Monaten. Das war die Grundlage für weitere Innovationen, die wir nun konzernweit vorantreiben – vielfach unterstützt durch Künstliche Intelligenz. Neben Innovationen gilt es aber auch, IT relevanter für das Business zu machen und mit modernen Lösungen und Produkten einen wertvollen Beitrag zur Wertschöpfung zu kreieren.

Veränderungen von Unternehmen sind aus meiner Erfahrung im Wesentlichen geprägt durch …

… multiple externe und interne Faktoren. Bei Fresenius ist es zum einen die Neuausrichtung unseres Geschäfts unter #FutureFresenius sowie die technologischen Fortschritte im Gesundheitswesen. Weiterhin sind es vor allem die Menschen, die Teams und die Führungskräfte, die die Unternehmenskultur und -strategie prägen und leben. Ein Wertewandel innerhalb des Unternehmens kann ebenfalls tiefgreifende Veränderungen herbeiführen und die Art und Weise, wie Geschäfte geführt werden, neu definieren.

Die drei wichtigsten Erfolgsfaktoren von Change Management sind für mich …

  •  … erstens ein gut aufeinander abgestimmtes Team mit unterschiedlichsten Kenntnissen, Lebensläufen und Stärken. „Diversity of Thought“ ist das große Stichwort.

    Unterschiedliche Ansichten und Fähigkeiten liefern in der Regel bessere Gesamtlösungen als homogene Teams.

    Und sie sind in der Lage, alle Stränge miteinander zu verknüpfen. Unsere Teams sind global aufgestellt. Deshalb ist die Fähigkeit, effektiv mit anderen zu kommunizieren und zusammenzuarbeiten, für den Erfolg unserer Veränderungsprozesse unerlässlich. Wichtig ist mir außerdem, dass wir auch zusammen Spaß haben und lachen können.

  •  … zweitens ein umfassendes Stakeholder-Management, unterstützt durch ein professionelles Kommunikationsteam. Es stellt sicher, dass alle Beteiligten auf dem gleichen Stand sind und die Veränderungen verstehen. Das baut Widerstände ab und gewinnt Unterstützer für Veränderungen. Widerstände können so im Kleinen abgebaut werden, bevor sie zu echten Hindernissen werden.
  •  … drittens ein ganzheitlicher Ansatz mit neuen „People Skills“. Neue Technologien erfordern auch neue Prozesse und Fähigkeiten. Eine neue globale Organisation braucht neue Denk-, Arbeitsweisen, Qualifikationen und eine neue Kultur. Es ist wichtig, dies alles zu berücksichtigen und gemeinsam daran zu arbeiten. Nur dann kann eine Transformation auch erfolgreich sein. Grundvoraussetzung hierbei ist die Offenheit für Veränderung in den Teams.

Nicht alles gelingt. Was ich bei Veränderungen in meiner Verantwortung künftig anders machen werde oder was ich durch Lernen aus früheren Fehlern heute bereits anders mache, ist …

… wir lernen aus jeder Veränderung und jede Veränderung ist anders. Und genau das ist das Learning: Jede Veränderung braucht ihren eigenen Ansatz, nicht alles gelingt auf Anhieb. Es ist entscheidend, mutig zu sein und Dinge entschlossen anzugehen, um die gewünschten Ergebnisse zu erzielen. Wenn man etwas tut, was noch niemand zuvor getan hat, wird man mit Herausforderungen konfrontiert, die noch niemand zuvor bewältigt hat.

Ich verwende gerne das Bild des Wildwasser-Raftings: Man kennt das weit entfernte Ziel, sieht aber immer nur bis zur nächsten Kurve. Manchmal kommen unvorhergesehene Stromschnellen. Man erlebt alles: von einer wilden, holprigen Fahrt bis zum Dahingleiten auf ruhigem Wasser. Man trifft immer wieder auf neue Hürden – egal wie gut und wie lange man plant. Hier gilt, lieber schnell zu scheitern und dann nachzubessern, als auf der Stelle zu treten. Alle sorgen gemeinsam dafür, dass keiner über Bord geht. Und noch mal:

Es muss allen auch Spaß machen!

Mein persönlicher Tipp an eine Führungskraft, die Verantwortung für ein Veränderungsprojekt übernimmt, lautet:

Ich habe zwei Tipps. Erstens: Machen Sie mutige, große Schritte und lassen Sie sich dabei nicht von ewigen Zweiflern entmutigen. Es ist wichtig, Einwände zu hören und abzuwägen. Dennoch sollte man sich dadurch nicht aufhalten lassen und entschlossen und zielgerichtet vorangehen. Dazu gehört auch immer, im Fluss zu bleiben und Entscheidungen nicht aufzuschieben. Ich selbst bin sehr pragmatisch und immer zuversichtlich. Ich arbeite viel, tue das, was ich sage – „Walk the talk“ – und erwarte das umgekehrt auch vom Team. Ich bin nahbar und freue mich, wenn Mitarbeitende mit Vorschlägen direkt zu mir kommen oder den Status quo infrage stellen.

Zweitens: Jede vorgegebene Zeit wird auch „verbraucht“ werden. Wenn Sie für ein Projekt sechs Monate ansetzen, wird es auch mindestens sechs Monate dauern. Vorzeitig fertig werden die wenigsten. Setzen sie kurze, ehrgeizige Zeitpläne. Achten Sie auf sich bietende Chancen und ergreifen Sie diese, sobald sie sich zeigen. Es ist wichtig, die Initiative zu ergreifen, wenn sich Möglichkeiten bieten, um das volle Potenzial eines Veränderungsprojekts auszuschöpfen.

Mein Credo für Veränderungen: Mutig sein, Großes denken und einfach machen!

 

 

Autor

Ingo Elfering
ist seit Juli 2020 Group CIO bei Fresenius. In dieser Position treibt Ingo Elfering die digitale Transformation der Fresenius Group und die Harmonisierung der teils heterogenen IT-Landschaft voran. Während seines Studiums der Wirtschaftsinformatik gründete und leitete er das Digital-Health-Start-up MedicalData Service, das er 1997 an GlaxoSmithKline (GSK) verkaufte. Es folgten mehrere Führungspositionen in den Bereichen IT, Shared Services und Innovation bei GSK und später als CIO bei Indivior. Vor seinem Wechsel zu Fresenius war er Global CIO und Head of Digital Transformation für das Crop-Science-Geschäft von Bayer und weltweit verantwortlich für alle Aspekte der IT und der digitalen Geschäftsplattformen.
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