Jeder möchte einer Arbeit nachgehen, die einem Freude bereitet. Bei vielen Menschen ist das aber nicht der Fall. Und sie fühlen sich machtlos, dies zu ändern. Job Crafting ist eine Möglichkeit, den Job zu machen, den man wirklich will. Dabei wird das eigene Rollenprofil über die Zeit proaktiv verändert, um mehr Erfüllung zu finden. Im Coaching kann das Konzept des Job Craftings für den Coachee wertvolle Impulse bringen, um Arbeit neu zu erleben.

Viele Menschen arbeiten gerne. Allen Unkenrufen zum Trotz hat gute Arbeit neben dem volkswirtschaftlichen Nutzen positive Konsequenzen für Individuen. So kann gute Arbeit ein erstklassiges Vehikel sein für Selbstwirksamkeit, Stärkenorientierung, Sinnerleben – und nicht zuletzt: menschliche Resonanz. Zur Wahrheit gehört allerdings auch: Nur die wenigsten Menschen mögen ihren Job von vorne bis hinten, tagein, tagaus. Wäre es nicht wunderbar, wenn es einen Zauberstab gäbe, der genau jene Arbeit herbeizaubern könnte, die Menschen wirklich, wirklich wollen? Leider gibt es dafür keinen magischen Trick. Allerdings bedeutet die Abwesenheit von Zauberei nicht, dass Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen hier vollkommen machtlos wären. Es gibt immer Spielräume – und von diesen handelt dieser Beitrag.

Nun lässt sich fragen, ob „der perfekte Job“ überhaupt eine realistische Vorstellung ist. Mein früherer Chef sagte gerne: „Last time I looked it was called work.“ Nicht alle Aspekte einer Arbeit sind angenehm, selbst unter wirklich guten Rahmenbedingungen. Wenn Arbeit ein Ponyhof wäre, müssten wir dafür bezahlen. Die Tatsache, dass wir stattdessen „entlohnt“ werden, zeigt: Arbeit ist (auch) belastend, manchmal muss man sich durchbeißen. „Mund abwischen und weitermachen“, sagte man an diesem Punkt gerne in meiner früheren Abteilung.

Was wäre dann ein gutes, ein gesundes Verhältnis von „Ponyhof“ zu „Plackerei“? Wie viel Prozent Arschloch-Aufgaben – Verzeihung, so habe ich das früher gerne genannt – darf ein guter Job beinhalten, ohne dass er aufhört, ein guter Job zu sein? Ohne eine eindeutige Antwort geben zu können, könnte man die Parole ausgeben: Der Anteil an ungewollten, an nicht sinnstiftenden, an Langeweile oder Frust auslösenden Aufgaben sollte so weit wie möglich minimiert werden, ohne die Interessen des Arbeitgebers zu ignorieren.

Job Crafting: Haltungsfrage und Set an Techniken

Arbeitsverträge sind unterspezifiziert, sprich: „eindeutig uneindeutig“. Es werden nur wenige Aufgabenbündel fixiert. Darüber hinaus werden Arbeitnehmende durch Klauseln dazu animiert, sich dem Arbeitgeber gegenüber wohlwollend zu verhalten. Die Lücke zwischen Vertrag und Wirklichkeit wird vorrangig durch disziplinarische Führung, Zielvereinbarungen und Feedback geschlossen. Im Gegenzug verpflichtet sich der Arbeitgeber zur Zahlung eines Gehalts und gelobt, die physische und psychische Integrität der Arbeitnehmenden zu wahren.

Job Crafting: Literaturtipp

Das bedeutet auch: Es gibt eine Menge Grauzonen in Bezug auf die Frage, wie sich eine Rolle im Alltag konkret ausgestalten lässt. Hier kommt Job Crafting ins Spiel. Dabei handelt es sich um ein Set von Techniken, vielleicht besser: eine Haltung, mit der Menschen aus dem Job, den sie innehaben, jenen machen, den sie wirklich, wirklich wollen. Job Crafting wurde in der Forschung zunächst von den Amerikanerinnen Amy Wrzesniewski und Jane E. Dutton im Jahr 2001 beschrieben. Sie beobachteten, dass Beschäftigte unterschiedlicher Couleur – mit oder ohne Wissen ihrer Vorgesetzten – ihr Rollenprofil über die Zeit proaktiv veränderten. Dies taten sie meist nicht in der Absicht, ihren Organisationen zu schaden. Vielmehr ging es darum, die eigenen Rollen derart anzupassen, dass sich das zugehörige Bündel an Aufgaben inklusive des Kontexts über die Zeit motivierender und sinnstiftender gestaltete.

Etwas später wurde Job Crafting auch in das sogenannte Job-Demands-Resources-Modell von Arnold B. Bakker und Evangelia Demerouti eingebettet. Demgemäß bemühen sich Menschen angesichts ihrer Arbeitsrollen, zusätzliche Ressourcen zu generieren, um ihren Anforderungen besser gerecht zu werden. Sie streben danach, motivierende Anforderungen zu ihrem Profil hinzuzufügen. Ferner bemühen sie sich, belastende Anforderungen zu minimieren. Übergreifendes Ziel: Das Level an Ressourcen sollte über den Zeitverlauf hinweg höher sein als das Level an belastenden Anforderungen.

Cort W. Rudolph kommt mit weiteren Forschenden in einer Metastudie aus dem Jahr 2017 zu dem Schluss, dass es einen signifikanten positiven Einfluss auf das Engagement, die Arbeitszufriedenheit und verschiedene Aspekte der Arbeitsleistung hat, in der Selbst- wie auch der Fremdwahrnehmung. Job Crafting wurde mittlerweile in einer hohen Zahl an Studien untersucht.

Naturgemäß gab es Job Crafting bereits vor dem 21. Jahrhundert. Im Grunde versuchen Arbeitnehmende fortlaufend, Prozesse zu beschleunigen und überflüssige Arbeit zu vermeiden, oft unter Umgehung intraorganisationaler Regeln. Niklas Luhmann prägte für nutzenstiftende Regelbrüche den Begriff „brauchbare Illegalität“. Manche Management-Experten postulieren mit einem Zwinkern in den Augen, dass es letztlich solche konstruktiv-abweichenden Verhaltensweisen seien, die „den Laden am Laufen halten“.

Unterschiedliche Hebel als konkrete Ansatzpunkte

Der Unternehmensberater Rob Baker hat in seinem aktuellen Buch eine Visualisierung vorgestellt, die verschiedene Ansatzpunkte für Job Crafting abbildet. Ich habe diese Grafik erweitert ins Deutsche übertragen.

Das Job-Crafting-Rad

Grundsätzlich stehen Mitarbeitenden (wenn auch, je nach Rolle, nicht im gleichen Umfang) folgende Hebel zur Verfügung:

  • Wer: Man verändert Aufgaben derart, dass der Kontakt mit einigen (Gruppen von) Menschen intensiviert bzw. vermindert wird.
  • Was: Man fügt Aufgaben zum Portfolio hinzu bzw. entfernt Aufgaben aus diesem (bzw. intensiviert einige oder fährt andere herunter).
  • Wann: Man entscheidet aktiv, zu welcher Zeit Aufgaben erledigt werden.
  • Warum: Man konstruiert einen höheren Bedeutungszusammenhang für das, was man tut, schärft folglich „das Wozu“.
  • Wo: Man entscheidet, an welchem Ort Aufgaben erledigt werden.
  • Wohl: Man beeinflusst Randbedingungen der Rolle, die das arbeitsbezogene Wohlbefinden fördern.

Zusätzliche Impulse durch Coaching

Es lässt sich argumentieren, dass arbeitsbezogenes Coaching immer (auch) auf eine Form des Job Craftings abzielt. Ich glaube jedoch, dass dieses gut erforschte Konzept zusätzliche Impulse geben kann. An diesem Punkt ist es zunächst hilfreich, Menschen vor Augen zu führen, dass sie sowieso schon Job Crafting betreiben, wenn auch mehr oder weniger unbewusst. Wie ausgeprägt Menschen solche Verhaltensweisen an den Tag legen, hängt von der Organisationskultur, der Rolle und auch der Persönlichkeit ab. Im Coaching bemühe ich mich immer, den folgenden Gedanken zu säen: Es geht immer mehr, als du gerade denkst.

Menschen reagieren auf bestehende Strukturen und Normen.

Nach einer Zeit in einem Job fällt es zunehmend schwerer, sich vorzustellen, dass es auch (ganz) anders gehen könnte. Hier ist es hilfreich, wenn der Coach bewusst einen „Als-ob-Rahmen“ öffnet. Sprich: Man tut so, als ob die bestehenden Strukturen und Normen nicht oder nur bedingt gültig wären.

Zunächst geht es darum, eine Bestandsaufnahme der aktuellen Rolle durchzuführen, am besten bildhaft. Es gilt, Aufgabenpakete, Beziehungen und auch Aspekte wie Stärken, Motive und Leidenschaften der Person zueinander in Beziehung zu setzen. Für die folgende Abbildung habe ich dies einmal exemplarisch getan – wobei zwecks Übersichtlichkeit nicht alle Aspekte gezeigt werden, die man berücksichtigen kann.

Die Idealversion des Rollenprofils entwerfen

Job Crafting: vorher - nachher

Die Abbildung zeigt links die stilisierte Ist-Situation. Hier gibt es Stärken und Leidenschaften, die in der aktuellen Rolle (schattierter Bereich) nicht bespielt werden. Zudem gibt es Aufgaben, die die Person attraktiv findet, die aber derzeit nicht zum Portfolio gehören. Nun ist es das Ziel, eine Idealversion des Rollenprofils zu entwerfen:

1 Welche Aufgaben würde ich gerne in mein Portfolio integrieren, welche entfernen oder zumindest herunterfahren?

2 Wie würde sich das auf die Nutzung meiner Stärken sowie das Bespielen meiner Leidenschaften auswirken?

3 Welche zusätzlichen Veränderungen würde ich gerne vornehmen, damit die Arbeit sinnstiftender erscheint oder besser in den erweiterten Lebenskontext passt?

Auf dieser Basis lässt sich ein Zielbild entwerfen. Im Bild rechts hat die Person einige Veränderungen avisiert: Die Aufgabenbündel 1 und 4 wurden aus der Rolle entfernt, dafür die Pakete 5 und 6 integriert. Dies geht einher mit dem besseren Bespielen von bestimmten Stärken, Werten und auch Leidenschaften. Die Person ist aber auch zu dem Entschluss gekommen, dass die Leidenschaft c derzeit nicht in das berufliche Portfolio passt.

Angestrebte Veränderungen wirklich realisieren

Schließlich gilt es zu überlegen, wie die avisierten Veränderungen realisiert werden können. Dies kann formell oder informell geschehen, die Möglichkeiten sind fast unbegrenzt. Hier sind einige Beispiele:

  • Themen delegieren, um Raum für andere Aufgaben zu schaffen (bei Führungskräften).
  • Sich aktiv für Projekte bewerben oder auch von anderen Projekten verabschieden.
  • Mit Kollegen und Kolleginnen auf der gleichen Ebene Aufgabenpakete tauschen.
  • Zeiten aushandeln, die zur freien Verfügung stehen (à la „20-Prozent-Zeit“ bei Google).
  • Formelle oder informelle Verabredungen über Arbeitszeit und -ort treffen.
  • Eine Fortbildung aushandeln oder auch informell Arbeitszeit nutzen, um sich durch Online-Ressourcen weiterzubilden.
  • Bestimmte Aufgaben ersatzlos streichen (gerade in Verwaltungen neigen Aufgaben zur Perpetuierung, ohne dass sich jemand mit den Ergebnissen dieser Arbeit beschäftigt).

Einige Initiativen lassen sich unter dem Radar durchführen ohne das Wissen des Vorgesetzten.

Der Königsweg liegt meines Erachtens jedoch darin, regelmäßig offen über diese Wünsche zu sprechen, solche Dialoge auch aktiv einzufordern – über das obligatorische Jahresgespräch hinaus. Das bedeutet im Übrigen nicht, alle Vorschläge müssten auch eins zu eins bejaht werden. Manchmal sehen Vorgesetzte mit mehr Weitblick auch gute Gründe, warum eine Veränderung gerade nicht sinnvoll erscheint. Folgendes sollte berücksichtigt werden:

  • „Alignment“ mit der Organisation: Inwieweit zahlen die Veränderungen auf die Ziele der eigenen Abteilung und der Organisation als solcher ein?
  • Auswirkungen auf andere: Wie beeinflusst die angestrebte Veränderung das Wirken anderer Menschen? Wo könnte die Leistung anderer Personen beeinträchtigt werden?
  • Auswirkungen auf mich selbst: Wie fügen sich die Veränderungen in das große Ganze ein, beispielsweise das Verhältnis zwischen Arbeits- und Privatleben?

Job Crafting ist kein Zauberstab, der alles heil macht. Eher gleicht es einem – im positiven Sinne – subversiven Ansinnen, durch kleine, kontinuierliche Verbesserungen am eigenen Traumjob zu basteln, ohne dafür die Rolle oder den Arbeitgeber wechseln zu müssen. Gerade in dem immer noch vom preußischen Arbeitseifer geprägten Deutschland ist die schlichte, aber schöne Erkenntnis, dass Regeln, Normen und Strukturen nicht zwingend in Stein gemeißelt sind, ein sehr guter Anfang.

 

 

Autor

Dr. Nico Rose
ist Sinnputgeber. Er arbeitet als freier Autor und Sparringspartner für Menschen und Organisationen. Von 2019 bis Anfang 2022 war er Professor für Wirtschaftspsychologie an der ISM Dortmund. Er studierte Psychologie in Münster und wurde an der EBS Oestrich-Winkel promoviert. Zudem studierte er in den USA Positive Psychologie. Jüngst erschien sein Buch „Management Coaching & Positive Psychologie“.
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Für die einen Allheilmittel, für die anderen völlig überbewertet: Tools und Methoden im Change. Wir fühlen Expertinnen und Experten auf den Zahn und wollen ihre Sicht der Dinge sowie einige Tipps erfahren. Diesmal fragen wir die Transformations- und Organisationsberaterin Andrea Kahlenberg.

Mal ehrlich, Tools und Methoden werden im Rahmen von Veränderungen überschätzt! Richtig?

Überschätzt werden Tools oder Methoden, wenn sie ohne Berücksichtigung des Kontexts eingesetzt und organisationale Dynamiken außer Acht gelassen werden. Denn ein Tool und die dazugehörige Methodik können in einem bestimmten Kontext hochfunktional sein, in einem anderen Kontext wiederum gar nicht passen. Jeder Kontext verändert sich im Change, die Gegenwart ist morgen schon Vergangenheit.

Daher arbeite ich lieber mit dem Begriff Intervention und designe Impulse und Vorgehensweisen, die in der Gegenwart eine Wirkung erzeugen. Ich möchte im „Hier und Jetzt“ Muster brechen und Erlebnisse schaffen, die dann wiederum Bewegung im System erzeugen.

Man lernt ja doch hin und wieder die ein oder andere neue Methode oder einen neuen Ansatz in Bezug auf Organisationsentwicklung kennen. Wann hatten Sie diesbezüglich das letzte Mal ein Aha-Erlebnis?

Ein gutes Erlebnis hatte ich in einem M&A-Projekt, in dem wir eine Kulturdiagnostik durchgeführt  haben. Auf Kundenseite war es schwierig zu verstehen, dass das Thema Kultur kein separates Thema ist, sondern schon mit dem Projektdesign beginnt und somit auch mit den Projektmitgliedern. Erst nach mehreren Runden im Projektteam und der Intervention der gezielten Eskalation – alle an einen Tisch zu holen, vom Vorstand bis zum Teammitglied – kam es zum Durchbruch im Team und zu ersten Veränderungen im Verhalten basierend auf einem gemeinsamen Verständnis, wie Zusammenarbeit gelebt wird.

Vor allem aber der Raum für Dialoge und das Teilen der unterschiedlichen Perspektiven erzeugten einen wirksamen Aha-Effekt. Die Methode klingt simpel, fast schon banal, ist sie aber nicht. Denn in aller Konsequenz hierarchieübergreifend Raum zu schaffen, um zuzuhören und alle Perspektiven einzunehmen, ist dabei die Herausforderung. Hier geht es darum, sich seiner eigenen Haltung und seiner Glaubenssätze bewusst zu werden.

Bei der Anwendung welcher Methode waren Sie zuletzt ganz besonders wirksam?

Im Kontext Change halte ich es für relevant, auf drei Ebenen zeitgleich zu arbeiten: Ebene „Ich“, Ebene „Team“ und Ebene „Organisation“. Ebenso gilt es, gute Dialogformate zu entwickeln, um Menschen in den Austausch und in den Perspektivwechsel sowie ins Erleben miteinander zu bekommen. Ein Format, das zeitgleich auf allen Ebenen wirkt, ist die Eisberg-Methode, eine meiner Lieblingsmethoden, die sich seit vielen Jahren bewährt hat und die wir mit über Hunderten von Gruppen aller Hierarchien durchgeführt haben. Im Rahmen der Diagnostik von Kultur, also welche gegenwärtigen Muster Kultur beschreiben, bringen wir Menschen aus einer Organisation hierarchieübergreifend oder in Peers zusammen, um Muster zu identifizieren, die funktional oder dysfunktional für die Umsetzung der Unternehmensstrategie sind.

Im Prinzip stellen wir vier Fragen, die dann organisationsübergreifend ausgewertet werden:

  • Welche Ereignisse beobachtet ihr in der Organisation?
  • Wie oft treten die Ereignisse auf, gibt es ein Muster und wenn ja welches?
  • Welche formalen Strukturen bedingen diese Muster?
  • Welche Glaubenssätze bedingen ein eigenes Verhalten, diese Strukturen aufrechtzuerhalten?

Die Intervention ist sehr wirksam. Sie verändert Verhalten und Haltung im Moment der Reflexion und des Erlebens miteinander in der Gruppe. Gleichzeitig gelingt es, dysfunktionale Formalstrukturen zu identifizieren. Allein das Bewusstsein bezüglich des gemeinsam erzeugten Ergebnisses bringt schon Veränderungen auf allen drei Ebenen. Es ist ein sehr wirksamer Prozess.

Was macht einen guten Workshop vor Ort aus?

Klare Ziele und Erwartungen, die vorher abgeklärt werden, sind die Grundvoraussetzung für jeden Workshop.

Bei Präsenz muss das Raumkonzept zum Design des Workshops passen. Ein heller Raum mit Fenstern, genug Platz, Rückzugsmöglichkeiten für Gruppenarbeiten, Material für Visualisierungen sowie die Möglichkeit, als Gruppe rauszugehen, sind immer ein Pluspunkt. Nach zwei Jahren Pandemie halte ich es für relevant, Teilnehmer:innen Zeit zu geben, in den sozialen Kontakt zu kommen und wieder ihre Komfort- bzw. ihre Diskomfort-Zone wahrzunehmen.

Und was kennzeichnet einen guten virtuellen Workshop?

Ein klarer Rahmen und Prinzipien zur virtuellen Zusammenarbeit. Regelmäßige Pausen und Wechsel von Formaten sind ebenfalls wichtig. Wenn möglich, keine PowerPoint und wenig den Bildschirm teilen, stattdessen einen Dialog kreieren, während alle gleichzeitig sichtbar sind, die sich am Gespräch beteiligen. Das Nutzen von Whiteboards für gemeinsame Co-Creation und Dokumentation ist auch sehr zu empfehlen.

Wie lässt man eigentlich Führungskräfte, die sehr klassisch sozialisiert sind, „New Leadership“ erleben und ausprobieren?

Am besten lässt man Führungskräfte „New Leadership“ in einem geschützten Setting erleben. Die besten Führungskräfte-Entwicklungsprogramme sind die, in denen reale (Projekt-)Teams „on the job“ begleitet werden. Idealerweise hat man einige „Offsite“-Module, in denen neue Verhaltensweisen vorgestellt und dann sehr geschützt auf die konkrete Projektarbeit bzw. das Team angewandt und ausprobiert werden: Experiment in Echtzeit, direkte Umsetzung der Theorie in die Praxis mit Echtzeit-Feedback. Wenn dies dann mit Team-Coachings im realen Arbeitsalltag kombiniert wird, hilft das sehr gut, nachhaltig Führung zu verändern.

Was ist das ultimative Buch oder Blog, wenn es um Methoden und Tools im Change geht?

Ich nutze persönlich vier Bücher immer wieder regelmäßig, um mir Anwendungsanregungen zu holen:

  • „Entscheidung ohne Grund, Organisationen verstehen und beraten“ von Klaus Eidenschink und Ulrich Merkes
  • Die Bücher „Sustaining Change“ und „Still Moving Field Guide“ von Deborah Rowland
  • Und „New Work needs Inner Work“ von Joana Breidenbach und Bettina Rollow

Was ist eine gute Feedback-Methode am Schluss eines Workshops?

Am Ende eines Workshops sind erfahrungsgemäß alle Teilnehmer:innen froh, wenn der Abschluss nicht zu lange geht. Eine motivierende Methode, noch einmal Energie zu kreieren, bevor alle auseinandergehen, ist die folgende Frage: Mit welchem Energie-Level verlässt du den Workshop auf einer Skala von 1–5 und warum?

 

 

Autorin

Andrea Kahlenberg
brennt für die Themen Leadership und Transformationsarchitekturen sowie die Verzahnung von Strategie und Kultur. Mit ihrem Unternehmen tridot consulting GmbH begleitet sie Change und Transformationsprozesse.
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Gibt es so etwas wie „Change Trends“? Veränderungsthemen, die viele Unternehmen branchenübergreifend derzeit stark im Fokus haben? Eine subjektive Liste aktueller Change Trends: „Change Trends 2022“.

Für die einen Allheilmittel, für die anderen völlig überbewertet: Tools und Methoden im Change. Wir fühlen Praktikern und Expertinnenauf den Zahn und wollen ihre Sicht der Dinge sowie einige Tipps erfahren. Diesmal fragen wir Sven Rebbert. Er ist verantwortlich für die Organisationsentwicklung von Axel Springer News Media National.

Mal ehrlich, Tools und Methoden werden im Rahmen von Veränderungen überschätzt! Richtig?

Nein, das würde ich pauschal so nicht sagen. Die Nutzung von Tools und Methoden muss natürlich gut abgewogen werden und zur Organisation und der Veränderung passen. Bei gezieltem Einsatz können sie dabei unterstützen, den Zielzustand der Veränderung iterativ zu erreichen.

Was allerdings klar ist: Tools und Methoden können nicht alles lösen. Sie können aber sehr wohl hilfreich sein, um die Reflexion in Bezug auf bestehende Systeme, Arbeitsprozesse oder Verhalten zu fördern. Oder auch um neue Verhaltensmuster (kollektiv) zu erlernen, für ein gemeinsames Zielbild zu motivieren und dabei viele mitzunehmen. Das geht theoretisch oder auch sehr praktisch und spielerisch.

Grundsätzlich ist auch zu unterscheiden, von welchen Tools und Methoden wir sprechen. Ob in der Prozessanalyse, im Projektmanagement, im Coaching, in der digitalen Zusammenarbeit oder der Moderation: Für mich steckt die Magie in der Kombination zwischen unterschiedlichen Tools, Methoden und Frameworks. Es geht darum, für die Organisation die passenden Elemente auszuwählen, um so neue, individuelle Ansätze zu schaffen und eine hohe Akzeptanz für die Anwendungen der Methode zu erreichen.

Man lernt ja doch hin und wieder die ein oder andere neue Methode oder einen neuen Ansatz in Bezug auf Organisationsentwicklung kennen. Wann hatten Sie diesbezüglich das letzte Mal ein Aha-Erlebnis?

Das Aha-Erlebnis der letzten Zeit ist die Erkenntnis, dass das Verlernen von Hierarchien in Organisationen wohl eine der größten Herausforderungen ist. Das habe ich gemerkt, als wir unsere Organisationsentwicklung, bestehend aus mehr als 20 Expertinnen und Experten sowie Coaches, auf ein rollen- und kreisbasiertes Arbeiten umgestellt haben. Dieses Experiment läuft aktuell noch und macht mir immer wieder deutlich, wie gewinnbringend, wirksam aber auch fordernd es ist, sich von der klassischen Aufbauorganisation und traditionell-hierarchischen Positionen zu trennen.

Und bei der Anwendung welcher Methode waren Sie zuletzt ganz besonders wirksam?

Die Nutzung unseres a_work Pokers, ein Kartenspiel, um hybrides Arbeiten im Team zu reflektieren und Entscheidungen für die Zusammenarbeit zu treffen, war besonders wirksam. Wie in jeder Organisation sind unsere Ressourcen begrenzt. Wichtig ist für uns aber, eine Vielzahl von Kolleginnen und Kollegen aus unterschiedlichsten Abteilungen und Teams in diversen Organisationen bei Axel Springer gleichzeitig bei den Veränderungen zu begleiten.

Dabei ist es unabdinglich, Produkte zu entwickeln und anzuwenden, die wir in der Organisation skalieren können, wobei gleichzeitig die Individualität der Abteilungen und Teams berücksichtigen werden muss. Neben spielerischen Ansätzen wie „a_work Poker“ setzen wir auch komplexe Reifegradmodelle zugeschnitten auf den jeweiligen Veränderungsprozess ein. Diese Produkte stellen wir dann über Multiplikatoren zur Verfügung und befähigen und ermöglichen so den individuellen Einsatz innerhalb der Teams. Partizipation und Gestaltungsräume spielen hier eine sehr große Rolle.

So entstehen Kreativität, Verantwortungsbewusstsein und Teilhabe an dem Veränderungsprozess.

Welche Tools, Methoden oder Plattformen mögen Sie, wenn es um ihr eigenes (digitales) Lernen geht?

Da bin ich trotz meines Alters wohl eher etwas klassisch unterwegs. Ich liebe die Magazinwelt. Ob „brand eins“, „Neue Narrative“, „Psychologie Heute“ oder auch die „Vogue“ – so schaffe ich mir einen guten Ausgleich zu der digitalen Welt, in der wir uns täglich viele Stunden bewegen.

Kann man mit dem Einsatz von Methoden bzw. Formaten Kulturen beeinflussen?

Nein, aber Veränderungen begleiten, die dann wiederum die Kultur beeinflussen. Der Einsatz von Methoden und Formaten ist ein wichtiger Bestandteil, um ein Bewusstsein für notwendige Veränderungen zu schaffen und Herausforderungen sowie Ängste zu erkennen und zu adressieren – kurzum: den Weg zum gewünschten Zielzustand zu begleiten.

Welche Methode können Sie eigentlich empfehlen, um lang etablierte Verhaltensroutinen zu durchbrechen?

Ich beobachte, dass viele Unternehmen teils nur an der Oberfläche kratzen und der Mut sowie die Bereitschaft fehlen, radikalen Gedanken, Ideen und Maßnahmen Raum zu geben. Mutige Ansätze bringen oft viele unvorhersehbare Aspekte mit sich und gefallen auch nicht der ganzen Organisation. Damit dabei Orientierung ermöglicht wird, sollten im ersten Schritt Hypothesen oder Richtungsaussagen für Handlungsfelder formuliert werden. Darauf aufbauend, bietet es sich an, Wirksamkeitsstufen zu definieren, um unkonventionelle Ideen für das Durchbrechen von lang etablierten Sozialisierungen und Verhaltensroutinen abzuleiten – auch wenn es mal schmerzhaft ist. Wirksamkeitsstufen könnten sein:

  • Erste Stufe: Kaum sichtbar und (hoffentlich) mittelfristig eine Wirksamkeit
  • Zweite Stufe: Sichtbar nach innen und mittelfristig eine Wirksamkeit
  • Dritte Stufe: Sehr hohe Sichtbarkeit nach innen und außen mit unmittelbarer Wirksamkeit

Ein mögliches Beispiel für die dritte Stufe wäre die Transparenz über sämtliche E-Mails für alle in der gesamten Organisation. Würden sich dadurch moderne Kollaborationswerkzeuge endgültig durchsetzen? Würde die Konzernpolitik und eine CC-Mail-Kultur sich unmittelbar verändern?

Was ist das ultimative Buch oder Blog, wenn es um Methoden und Tools im Change geht?

Durch unser aktuelles Experiment des rollen- und kreisbasierten Arbeitens kann ich das Buch „Agile Organisationsentwicklung“ von Bernd Oestereich und Claudia Schröder empfehlen. Theoretische Tiefe und praktische Anwendung sind darin in einer sehr guten Balance.

Was ist eine gute Warm-up-Methode in einem digitalen Workshop?

Jede Form von spielerischer Interaktion, die im besten Fall mit der Anwendung der digitalen Tools verbunden wird, um nicht nur in der Gruppe, sondern auch hinsichtlich der Anwendung der Tools warm zu werden. Dazu gehören zum Beispiel: Tiere bauen mit Post-its auf digitalen Whiteboards oder Gifs mit unterschiedlichsten Check-in-Fragen.

 

changement! Heft 03/2022

 

Autor

Sven Rebbert
ist People & Culture Professional und Unternehmer mit einer Leidenschaft für New Work. Er ist verantwortlich für die Organisationsentwicklung von Axel Springer News Media National. Daneben ist er CEO & Co-Founder von gertrud digital.
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Ihnen hat das Format „Tools und Methoden im Change“ gefallen? Hier finden Sie einen weiteren Beitrag dazu: „Tools und Methoden im Change: Mal ehrlich!“.

Mal ehrlich, Katharina Krentz!

Für die einen Allheilmittel, für die anderen völlig überbewertet: Tools und Methoden im Change. Wir fühlen Praktikern und Expertinnen auf den Zahn und wollen ihre Sicht der Dinge sowie einige Tipps erfahren. Diesmal fragen wir Katharina Krentz. Sie gilt in Deutschland als eine der Pionierinnen, wenn es um Working Out Loud geht.

Mal ehrlich, Tools und Methoden werden im Rahmen von Veränderungen überschätzt! Richtig?

Nein. Ich erlebe nur häufig, dass wir uns nicht genügend damit beschäftigen und nicht ausreichend Zeit nehmen. Zeit, um Methoden und Tools richtig einzusetzen; zu beobachten, wie sie angenommen werden; sie zu adaptieren, damit sie uns dienen und unterstützen; und um ausreichend zu reflektieren, was sie final bewirken. Mir fällt dazu immer ein: Der Unterschied zwischen Theorie und Praxis ist in der Praxis am größten.

Hier gilt es, aufmerksam zu sein und die Tools sowie Methoden einzusetzen, die wirklich helfen und Veränderung bewirken – und nicht die, die gerade angesagt sind. Gesunder Menschenverstand, die Fähigkeit wirklich zuzuhören und zu beobachten sind hierfür die Grundvoraussetzungen.

Sie sind bei Bosch im Corporate HR Transformation Team. Was genau soll transformiert werden?

Ja, bin ich. Es ist ein großer Zentralbereich, der Bosch bei der Transformation in eine „AIoT-Company“ unterstützen soll. AIoT steht für Artificial Intelligence bzw. Internet of Things. Wir wandeln uns immer mehr von einem Fertigungsunternehmen zu einem Software- und Dienstleistungsanbieter. Für ein Unternehmen mit dieser Historie und in der Größe ist das kein leichtes und schnelles Unterfangen.

Auf welche Methode, auf welchen Ansatz greifen Sie im Team immer wieder zurück?

Die eine Methode gibt es nicht, ehrlich gesagt. Wir setzen ganz unterschiedliche Methoden und Tools ein, je nach Bedarf. Wichtig ist, dass sie alle ein positives Menschenbild bedingen und unsere Werte sowie die Grundsätze für Zusammenarbeit, Führung und Lernen unterstützen. Ich bin Teil des „Smart Work Teams“. Wir arbeiten zum Beispiel komplett virtuell im weltweiten Netzwerkverbund, und das zumeist agil und community-basiert nach den Working Out Loud-Prinzipien.

Man lernt ja doch hin und wieder die ein oder andere neue Methode oder einen neuen Ansatz in Bezug auf Organisationsentwicklung kennen. Wann hatten Sie diesbezüglich das letzte Mal ein Aha-Erlebnis?

Das letzte Mal in meiner persönlichen Weiterbildung bei der Metaplan-Akademie zur Organisationsentwicklerin im Programm „Organize Awesome“. Die drei Seiten der Organisation (Schauseite, formale und informale Seite) werden bei der Qualifizierung genauer beleuchtet.

Damit wurden für mich Entscheidungen, Prozesse, Strategien und Vorgehensweisen seitens der Entscheidungsträger sowie die offizielle Kommunikation besser zuordenbar und damit verständlich. Das hat mir einige Aha-Erlebnisse beschert in Bezug darauf, wie unser Unternehmen funktioniert, wie es agiert und worauf es bei meiner Arbeit zu achten gilt.

Und bei der Anwendung welcher Methode waren Sie zuletzt ganz besonders wirksam?

Nach wie vor kann ich mit allen Methoden rund um Vernetzung sowie netzwerk- oder community-basierter Zusammenarbeit und Führung am besten wirken. Hier steckt einfach mein Herzblut drin und ich bin überzeugt, dass wir hier noch große Veränderungen bewirken können. Selbstwirksam bin ich immer, wenn ich von etwas überzeugt bin, es selbst erlebt habe und es Freude macht.

Noch Lust auf Working Out Loud?

Unbedingt. Für mich ist es in Sachen individuelles Enabling mit Bezug zu den genannten Themen die wirksamste Methode. Jetzt kommt neu Working Out Loud für Teams dazu, ebenfalls sehr spannend und wirksam. Im Gegensatz zur gängigen Circle-Methode fokussiert WOL4Teams dabei auf im Tagesgeschäft zusammenarbeitende Teams, deren Teambuilding und Performance. Sie basiert auf der Google-Studie Aristotle, die bisher noch nicht wirksam in die Praxis übersetzt werden konnte. „WOL4Teams“ hingegen funktioniert ähnlich selbstorganisiert und einfach wie die Circle-Methode und ist damit eine tolle Anleitung zur Selbsthilfe für Teams, die sich in Teambuilding und Performance verbessern wollen.

Welche Methode nutzen Sie in Workshops gerne als Warm-up?

Die Kennenlernübung 10 Fakten über mich und die damit einhergehende Vernetzung über Gemeinsamkeiten nutze ich gerne. Noch schneller kann man kaum Verbundenheit erzeugen und es funktioniert on- wie offline mit ganz diversen Zielgruppen. Sie macht zudem Spaß und es ist immens wichtig, in einen Workshop mit guter und zugewandter, offener Stimmung zu starten, damit Lernen möglich und Kreativität unterstützt wird

Was ist das ultimative Buch oder Blog, wenn es um Methoden und Tools im Change geht?

Das wüsste ich tatsächlich auch gerne. Es existieren einfach zu viele wirklich bereichernde Bücher und Blogs. Es gibt auf der Seite projektmanager.com unter der Rubrik „Bücher“ eine tolle Zusammenstellung von Büchern rund um Change Management, die ich sehr empfehlen kann.

 

changement! Heft 02/2022

 

Autorin

Katharina Krentz
begleitet mit ihrem Label „Connecting Humans“ New Work-Themen rund um Vernetzung. Katharina Krentz ist zertifizierter Working Out Loud (WOL)-Coach. Hauptberuflich unterstützt sie als Fachreferentin im Bereich HR der Robert Bosch GmbH die Digitale Transformation des Unternehmens.
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Ihnen hat das Format „Tools und Methoden im Change“ gefallen? Hier finden Sie einen weiteren Beitrag dazu: „Mal ehrlich: Tools & Methoden im Change?“.

Ein Navigationssystem für die kreative Problemlösung

Prozesse der kreativen Problemlösung in Gruppen sind nicht immer produktiv und schon gar nicht effizient. Oft enden gemeinsame Kreativ-Sessions darin, dass man sich vertagt und zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal ein Treffen vereinbart. Abhilfe kann hier ein Prozessmodell der systematischen Kreativität und der kreativen Problemlösung schaffen: Systematic Creative Thinking.

Systematic Creative Thinking (SCT) ist eine Art Navigationssystem sowohl für Einzelpersonen als auch besonders für Gruppen im Rahmen von Prozessen der kreativen Problemlösung und des innovativen Denkens. Situationen, die eine kreative Problemlösung erfordern, zeichnen sich dadurch aus, dass wir nicht wissen, wie eine Lösung zu einem Problem aussieht und/oder die bestehenden Ansätze nicht weiterhelfen.  Das heißt, wir benötigen neue Ideen, um unser Problem zu lösen.

Als Problem wird dabei jede Situation bezeichnet, in der es eine wahrgenommene Lücke zwischen dem „Hier und Jetzt“ und der Situation gibt, die wir gerne haben möchten. Das sind sehr oft Situationen, für die Innovation relevant ist. Es kann sich aber auch um andere Kontexte handeln.

Beispiele sind:

  • Es soll eine neue Werbekampagne für ein Produkt entstehen.
  • Die Führungskraft möchte im Team ein Gefühl von Zugehörigkeit und Gemeinschaft trotz Homeoffice und Corona schaffen.
  • Das Management will den Einkaufsprozess der Organisation beschleunigen.
  • Der Abrieb beim Bremsen des Zuges soll verringert werden.
  • Die Anzahl der möglichen Ladezyklen einer Batterie soll erhöhen werden.

Alle Beispiele zeichnen sich dadurch aus, dass es nicht die eine offensichtliche, bekannte und funktionierende Lösung gibt. Stattdessen ist die Lösung des Problems noch unbekannt, oder aber eine den An sprüchen genügende Lösung noch nicht gefunden.

Eine Lösung überlegen und ausprobieren

In all den oben genannten Beispielen müssen wir kreativ sein, das heißt, uns eine neue Lösung überlegen und diese ausprobieren. Kreativprozesse sind von Natur aus nicht besonders effizient.

Der Grund ist, dass die funktionierende Lösung im Vorhinein nicht bekannt ist, auch wenn diese dann im Nachhinein oft „total logisch“ erscheint. Wir müssen also viele Richtungen erkunden und den Großteil dieser Erkundungen wieder abbrechen, bis wir eine Route gefunden haben, die im wahrsten Sinne des Wortes „gangbar“ ist. Besonders in Gruppen ist dieser Prozess nicht nur nicht effizient, sondern auch oft unproduktiv. Die beteiligten Menschen haben häufig implizite Vorstellungen davon, was die Gruppe als Nächstes machen sollte und es gibt meist kein gemeinsames explizites Vorgehen.

Genau hier setzen Prozessmodelle der kreativen Problemlösung im Allgemeinen und SCT im Speziellen an.

„Systematic Creative Thinking“ ist dabei eine Vereinigung von zwei bekannten und erforschten Modellen der systematischen kreativen Problemlösung. Es ist aus einem Bedarf in der Praxis heraus entstanden.

Zwei Prozessmodelle als Grundlage

Welche beiden Modelle haben wir zusammengefasst und warum?

Zum einen das relativ bekannte Design Thinking. Es kommt, wie der Name bereits andeutet, aus der Design-Branche und hat seine wissenschaftliche Heimat in der D-School der amerikanischen Stanford-Universität. Bekannt wurde Design Thinking durch die amerikanische Design-Firma IDEO, die das Design Thinking in dieser Form formalisiert und „beworben“ hat.

Beim Design Thinking stehen der Nutzer und dessen Bedürfnisse im Vordergrund.

Sie bilden den Ausgangspunkt aller Überlegungen. Der gesamte Prozess orientiert sich daran, Innovationen zu schaffen, die diese Nutzerbedürfnisse wirklich adressieren. Das „Problem“ von Design Thinking für die Praxis ist, dass es in vielen Unternehmen häufig Situationen gibt, in denen die Nutzerbedürfnisse nicht an vorderster Stelle stehen oder einfach nicht relevant sind für die Fragestellung, die wir kreativ lösen müssen. Wer beispielsweise den Abrieb von Bremsen verringern will, hat vermutlich nicht unbedingt den Fokus auf Bedürfnisse von Nutzern.

Das zweite Prozessmodell ist das außerhalb der Forschung relativ unbekannte Creative Problem Solving (CPS). CPS hat seine Anfänge in den 1950er-Jahren in Buffalo (USA). Initiator war Alex Osborn, der zu dieser Zeit das heute weltweit bekannte Vorgehen des Brainstormings entwickelte. Grundlage dafür waren seine Erfahrungen mit unproduktiven Besprechungen in der Werbeagentur BBDO. Nach einer Analyse mehrerer Tonbandmitschnitte dieser Besprechungen schlug er ein Vorgehen vor, das er Brainstorming nannte, bei dem die Entwicklung von Ideen von der Bewertung der Ideen getrennt wurde und bestimmten Regeln folgte.

Aufbauend auf dem Vorgehen des Brainstormings, das sich lediglich um die Entwicklung von Ideen kümmerte, formulierte Alex Osborn zusammen mit Sidney Parnes die erste Version des Creative-Problem-Solving-Modells, das den gesamten Prozess der kreativen Problemlösung beschreibt und damit auch die Schritte, die vor und nach der Ideenentwicklung geschehen.

Systematic Creative Thinking auf einen Blick

CPS ist kontinuierlich weiterentwickelt worden und lässt sich im Gegensatz zum Design Thinking für alle Arten von Fragestellungen anwenden, die Kreativität benötigen. Allerdings ist es besonders für Menschen, die damit zum ersten Mal in Berührung kommen, nicht ganz leicht, da es relativ komplex ist. So gibt es zum Beispiel keine erkennbare Abfolge von Schritten. Dies ist zwar nahe an der Realität, wie Kreativprozesse in Gruppen oft ablaufen. Dennoch ist es für die meisten Menschen sehr hilfreich, wenn es eine Empfehlung für eine Reihenfolge bezüglich des Vorgehens gibt, wie zum Beispiel im Design Thinking.

In der Praxis haben wir daher immer öfter eine Mischung dieser beiden Prozesse genutzt und mit SCT ein integriertes Modell geschaffen, das sich stärker an den Kundenwünschen orientiert.

SCT zeichnet sich durch drei zentrale Elemente aus:

  1. Die Trennung des divergierenden und des konvergierenden Denkens
  2. Ein Prozessmodell als Strukturangebot
  3. Möglicher Einsatz sogenannter „Denkwerkzeuge“ entlang des Prozesses

 

Divergierendes und konvergierendes Denken trennen

In der Abbildung lässt sich erkennen, dass jeder Schritt im Prozess durch sich öffnende und schließende Pfeile umrahmt wird. Diese sich öffnenden und schließenden Pfeile symbolisieren zwei grundlegende Denkphasen im systematischen kreativen Denken: das divergierende Denken und das konvergierende Denken.

Divergierendes Denken bedeutet eine breite Suche nach vielen unterschiedlichen und neuen Alternativen. Alternativen können dabei beispielsweise Ideen, Informationen, Problemformulierungen oder Handlungsschritte sein.

Konvergierendes Denken beschreibt eine fokussierte, positive und bejahende Evaluation der Alternativen.

Die konsequente Trennung dieser beiden Phasen stellt das Grundprinzip des systematischen kreativen Denkens dar, ohne das Kreativprozesse und Denkwerkzeuge wertlos sind. Daher zeigt die Abbildung von SCT in jedem der Schritte die beiden Phasen des Denkens, die immer getrennt voneinander durchgeführt werden sollten.

Das Prozessmodell: von der Vision zum Plan

Einzelne Menschen folgen diesem Prozess oft auf natürliche Weise. Besonders für Gruppen ist es jedoch hilfreich, ein gemeinsames Bewusstsein dafür zu haben, in welchem Prozessschritt sie sich befinden. Und ob sie gerade divergieren oder konvergieren.

1. Vision formulieren
Hier geht es darum, ein lohnenswertes Ziel oder eine Herausforderung zu identifizieren, die dann kreativ bearbeitet werden soll. Oft gibt es  bereits ein Ziel oder ein Problem, das vorliegt. In diesem Fall beginnt man direkt mit dem Schritt „Situation einschätzen“.

2. Situation erkunden
Hier geht darum, so viele Daten und Fakten wie möglich zu einem Thema zu sammeln, um ein besseres Verständnis für die Situation zu erlangen. Sobald das generelle Thema vorliegt, beginnen wir mit diesem Schritt.

2 a. Nutzer beobachten
Für den Fall, dass es sich um ein nutzerzentriertes Problem handelt, gibt es als Zwischenschritt oder Unteraspekt von „Situation erkunden“ die „Nutzerbeobachtung“, wie es besonders im Design Thinking praktiziert wird.

3. Herausforderungen formulieren
Ziel dieses Schrittes ist es, die Kernfragen für die Ideenfindung zu formulieren und damit die Stoßrichtungen für Innovation abzuleiten. Dabei werden die relevantesten Punkte aus dem zweiten Schritt als Grundlage genommen, um daraus zentrale Fragestellungen abzuleiten. Hier ist im Gegensatz zur landläufigen Meinung nicht nur analytisches Denken gefragt, sondern auch sehr viel Kreativität, um das Problem so zu formulieren und zu greifen, dass neue Lösungen überhaupt erst denkbar werden. Die Kernfragen werden dann meist in Form von offenen Fragestellungen formuliert. Zum Beispiel: „Wie könnten wir virtuell die Möglichkeit von spontanen Absprachen ermöglichen?“

4. Ideen erkunden
In diesem Schritt geht es darum, viele Ideen in Bezug auf definierte Kernfragen zu entwickeln. Dieser Schritt ist das, was die meisten Menschen mit Kreativität und Kreativitätstechniken assoziieren. Wie deutlich wird, gibt es allerdings Schritte, die davor und danach stattfinden (sollten).

5. Lösungen formulieren
Aus ersten Ideen müssen nun konkretere Lösungen werden. Es geht also darum, diese konkret werden zu lassen. Beim Ausarbeiten der Ideen zeigt sich dann oft, dass die ursprüngliche Idee etwas modifiziert werden muss, um umsetzbar zu werden. Dabei konzentrieren wir uns auf diejenigen Ideen aus Schritt vier, die das größte Potenzial haben.

6. Akzeptanz erkunden
Hier geht es darum, sowohl interne als auch externe Akzeptanz zu erkunden. Es werden zum einen (organisations-)interne Stakeholder und Entscheider betrachtet. Zum anderen schaut man gegebenenfalls nach außen, und zwar auf die Nutzer einer Lösung, um zu prüfen, ob die Lösung deren Bedürfnisse und Wünsche wirklich adressiert.

7. Plan formulieren
An dieser Stelle werden spezifische nächste Schritte festgehalten in Bezug darauf, was nun getan werden muss, um eine Lösung wirklich Realität werden zu lassen. Dazu wird ein kurzfristiger Handlungsplan erstellt: Wer hat was bis wann zu erledigen?

Längerfristige Aktionen können in einer Art Backlog landen, um dann bei Bedarf entsprechend priorisiert zu werden.

Einsatz von Denkwerkzeugen

In jedem dieser Schritte kann man sich bei Bedarf einzelner Denkwerkzeuge bedienen, die es erleichtern, die Ziele eines jeden Schrittes zu erreichen. Das können im vierten Schritt zum Beispiel verschiedene Werkzeuge zur Ideenfindung sein, wie „Erzwungene Verbindungen“ oder „SCAMPER“. Diese Werkzeuge sind optional, können jedoch das Navigieren durch den Prozess erleichtern und den Output steigern. Für jeden Schritt im Modell bieten sich unterschiedliche Werkzeuge an.

SCT orientiert sich an der natürlichen Art und Weise wie die meisten Menschen kreativ Probleme lösen. Seine besondere Stärke liegt darin, dass es implizite Annahmen explizit und damit für eine Gruppe greifbar und besprechbar macht. Dadurch können sich die Beteiligten immer wieder einmal auf die Meta-Ebene begeben, um zu reflektieren, welcher Schritt als Nächstes sinnvoll wäre.

Das Modell lässt sich sowohl in einem einzelnen Durchgang im Rahmen eines Workshops einsetzen als auch verteilt in kleinen Häppchen über einen längeren Zeitraum.

Der Zweck des Modells besteht immer darin, Einzelnen und besonders Gruppen Orientierung in einem kreativen Prozess zu bieten und den Prozess dadurch effektiver zu gestalten.

 

changement! Heft 02/2022

 

Autor

Florian Rustler
ist Mitgründer der creaffective GmbH. Er begleitet seine Kunden dabei, wirkungsvolle Zusammenarbeit in der Organisation zu gestalten. Er ist Autor von fünf Büchern zu den Themen systematische Kreativität, Innovation und agile Organisation. Literaturtipp: Florian Rustler (2020): „Denkwerkzeuge der Kreativität und Innovation. Das kleine Handbuch der Innovationsmethoden“, 10. Auflage, Midas Management Verlag AG. Das Buch enthält fasst 60 Denkwerkzeuge und ist neben Deutsch auch auf Englisch und Chinesisch erschienen.
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Mal ehrlich, Jan Foelsing!

Für die einen Allheilmittel, für die anderen völlig überbewertet: Tools und Methoden im Change. Wir fühlen Praktikern und Expertinnen auf den Zahn und wollen ihre Sicht der Dinge sowie einige Tipps erfahren. Diesmal fragen wir den Lernexperten Jan Foelsing.

Mal ehrlich, Tools und Methoden werden im Rahmen von Veränderungen überschätzt! Richtig?

Wie hat es die Hip-Hop-Band Fettes Brot einmal gesungen: „Ja, nein, vielleicht, ich mein’ jein.“

Ein Tool ist ein Tool ist ein Tool. Sie können sicherlich dabei helfen, sich sinnvolle Verhaltensmuster bzw. Abläufe anzugewöhnen. Zudem können sie Orientierung bieten und in einem sich immer schneller wandelnden Kontext dabei helfen, in eine Handlung zu kommen.

Tools und Methoden können aber genauso dazu führen, dass diese einfach „stur“ abgearbeitet werden oder von einigen als „Allheilsbringer“ für die Lösung aller Probleme „eingeführt“ werden, wie dies teilweise bei Design Thinking, Scrum oder Working Out Loud passiert. Oftmals wird so versucht, ein Problem zu lösen, ohne sich mit dessen Ursachen zu beschäftigen. Davon möchte ich dringend abraten.

Mit welcher Methode können Mitarbeitende die neuen Lern- und Arbeitswelten am besten aktiv erkunden?

Die mit Abstand beste Methode und im Prinzip der Geheimtipp überhaupt, den ich geben kann, ist ziemlich unspektakulär und lautet: Neugier „in Action“. Die eine Methode gibt es hierbei nicht.

Wenn es konkreter sein soll, würde ich – mit  der Pistole auf der Brust – eine Kombination aus einem Barcamp und einem begleitenden Learning Circle als hilfreich empfinden, um die neue Lernund Arbeitswelt zu erkunden. Die Learning Circles können dabei beispielsweise durch Learning Out Loud, LernOS oder den Iterative Learning Cycle unterstützt werden.

Man lernt ja doch hin und wieder die ein oder andere neue Methode oder einen neuen Ansatz in Bezug auf Organisationsentwicklung kennen. Wann hatten Sie diesbezüglich das letzte Mal ein Aha-Erlebnis?

Daran kann ich mich tatsächlich noch ganz klar erinnern, da es meine Sichtweise auf Komplexität stark erweitert hat. Es war auf dem „Metaforum 2019“ in Italien, wo ich das Warm Data Lab kennengelernt habe. Dabei handelt es sich um eine Großgruppenmethode, ähnlich einem Open Space, bei der Komplexität explizit zugelassen wird, was diese „erfahrbar“ macht. Dazu passt der Satz von Wolf Lotter gut: „Die alte Welt wollte Komplexität immer reduzieren. Die neue erschließt sie.“

Change-Methodeninfo Warm Data Lab

Normalerweise gehen wir ja bei der Lösungsfindung sehr direkt und linear vor. Oftmals heißt es: „Das ist das Problem, was wir durch das Sammeln von Daten verifiziert haben.“ Daraufhin werden dann eine Lösung und Maßnahmen definiert. Das ist in komplexen Kontexten aber nicht mehr hinreichend, da Lösungen für komplexe Probleme oftmals zwischen multiplen Kontexten und deren Interdependenzen liegen.

Immer öfter werden jedoch punktuell gemessene und interpretierte Daten (Cold Data) zur Lösungsfindung herangezogen. Genau wie mit dem Zitat von Wolf Lotter ausgedrückt, wird es jedoch in Zukunft wichtiger werden, auch die Zusammenhänge zwischen multiplen Kontexten besser zu erschließen, wofür sich ein Warm Data Lab sehr gut nutzen lässt.

Für mich persönlich war die Erfahrung beim „Metaforum 2019“ so wertvoll, weil ich klar erkannt habe, wie eine Fragestellung durch multiple Kontexte wie zum Beispiel Familie, Politik, Wirtschaft und Technologie beeinflusst wird bzw. wie die Kontexte sich wechselseitig beeinflussen. Ein absoluter Aha-Moment für mich.

Bei der Anwendung welcher Methode waren Sie zuletzt ganz besonders wirksam?

Ergebnisse, die ich als besonders wertvoll empfand, entstanden oftmals bei der Anwendung von Lego Serious Play – insbesondere im Rahmen der Entwicklung einer Lernstrategie bzw. einem strategischen Zielbild des Lernens. Vor allem in Kombination mit der Starfish-Methode kann daraus eine wirkungsstarke Aufbruchsenergie entstehen.

Welche Rolle spielt Lernen im Rahmen von Transformationen?

Lernen stellt das Fundament einer erfolgreichen Transformation dar.

Diese bedingt für viele von uns ein kleines bis großes Up- oder Reskilling – und das in so vielen Bereichen, dass ohne einen konkreten Fokus auf Lernen in der Organisation wenige Transformationsbemühungen erfolgreich sein werden. Die gegenwärtigen Strömungen in den Märkten verändern die Art und Weise wie wir „Business machen“ von Grund auf. Und wer nicht begreifen will, dass eine wirkungsvolle Lernkultur unabdingbar ist, um diese Herausforderungen zu meistern, den wird der Markt eines Besseren belehren.

Welche Methode können Sie eigentlich empfehlen, um lang etablierte Verhaltensroutinen zu durchbrechen?

Dies kommt stark auf die Zielgruppe und den Kontext an. Interessant finde ich eine Art Gallery Walk in Bezug auf die eigene Arbeit durch die Zielgruppe erstellen zu lassen. Manchmal muss man nur einmal darauf schauen, was sich in den vergangenen 10 bis 20 Jahren beispielsweise bezüglich des eigenen Jobs bereits verändert hat. Danach könnte eine co-kreierte Zielbilderstellung hilfreich sein, um eine gemeinsame Aufbruchsenergie zu erzeugen.

Aber leider muss ich auch ganz ehrlich sagen, dass sich stark eingefahrene Verhaltensroutinen oftmals am schnellsten aufbrechen lassen, wenn der Handlungsdruck (Sense of Urgency) groß genug ist.

Und was ist ein gutes Warm-up für einen Team-Workshop?

Das hängt von der Zielgruppe ab. Grundsätzlich mag ich Methoden, die positiv in den Termin hineinstarten, etwa zur Eröffnung die Frage „Was hat dich heute zum Lächeln gebracht?“. Oder jeder bekommt eine Minute Zeit, um seine noch anstehenden „To-dos“ aufzuschreiben, damit der Kopf für das Meeting frei wird. Auch das funktioniert gut.

 

changement! Heft 01/2022

 

Autor

Jan Foelsing
ist Learning und New Work Designer. Sein Ziel ist, die wirkungsstarke Verbindung von Arbeiten mit Lernen und Innovation, eingebettet in eine sinnvolle digitale Unterstützung, voranzubringen. Gemeinsam mit Anja Schmitz veröffentlichte Jan Foelsing 2021 das Buch „New Work braucht New Learning: Eine Perspektivreise durch die Transformation unserer Organisations- und Lernwelten“ (Springer Gabler)
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Ihnen hat das Format „Tools und Methoden im Change“ gefallen? Hier finden Sie einen weiteren Beitrag dazu: „Tools und Methoden im Change“.

Das Geheimnis wandlungsfähiger Unternehmen

Größer, schneller, digitaler: Transformation ist das Wort der Stunde und ist zum Zauberwort der Unternehmensveränderung geworden. Große Summen werden in die Digitalisierung investiert, doch etwas Entscheidendes wird vergessen: das menschliche Element. Dabei ist die People-Transformation die wichtigste wirtschaftliche Herausforderung unserer Zeit. Ein dreistufiger Ansatz für die Workforce Transformation, der iterativ umgesetzt wird, kann dabei ein Schlüssel zum Erfolg sein.

Es reicht nicht, dass die Transformationsbewegung hierzulande immer neue Geschäftsmodelle entwickelt. Entscheider und Entscheiderinnen müssen sich jetzt die wichtigsten Personalfragen stellen: Welche Qualifikationen werden gebraucht? Wie fördern wir die nötigen Talente? Es geht wirklich ums Ganze, nämlich das Gelingen der Transformation gesamter Wirtschaftszweige. Und das ist nur möglich, wenn Unternehmen konsequent die People-Transformation pushen und nicht nur ihre Geschäftsmodelle verändern. Einfache Tätigkeiten können schon jetzt automatisiert werden. Gleichzeitig braucht es neue, sinnvolle Skills, die das Business innovieren. Es ist eine Neuausrichtung in Milliardenhöhe, die den meisten Unternehmen bevorsteht.

Große und schnelle Veränderung der Arbeitswelt

Wenn wir den Blick nur auf die 30 im Deutschen Aktienindex gelisteten Unternehmen verengen, so befindet sich inzwischen mehr als die Hälfe davon in radikaler Neuorientierung, quer über die Branchen Energie, Banken und Versicherungen, Automobil und andere Industrien hinweg. Die Veränderungsintensität ist immens und der Überlebenskampf für manche hart – auch ohne die noch gar nicht eingepreiste Corona-Pandemie.

Die Transformation wird Jobs kosten. Aber gleichzeitig entstehen auch neue in den meisten Unternehmen. Allerdings mit völlig anderen Qualifikationsanforderungen. Dieser Skill-Shift wird Millionen Menschen in Deutschland betreffen und es wird gleichzeitig in vielen Fällen ein Skill-Mismatch sein.

Jede vierte Frau und jeder dritte Mann muss bis 2030 in neue Berufsfelder eingearbeitet werden oder sich weiterbilden, wie es eine Studie des Stifterverbands für die Deutsche Wissenschaft aus dem Jahre 2018 voraussieht. Zudem ergänzt Technologie menschliche Arbeit oder ersetzt sie in immer mehr Bereichen sogar komplett. Neun Millionen bestehender Jobs können bis 2030 aufgrund von Automatisierung wegfallen, gleichzeitig bis zu zehn Millionen Jobs aufgrund des technologischen Fortschritts und des damit einhergehenden Wachstums und demografischer Faktoren neu entstehen, wie das McKinsey Global Institute prognostiziert.

Es ist nicht nur eine der größten Veränderungen industrieller Wertschöpfung, sondern auch die größte und schnellste Veränderung der Arbeitswelt.

Wie gehen Unternehmen damit um? Stehen wir vor Massenentlassungen oder sind Personalstrukturen am Ende adaptiver, als wir glauben? Wie analysieren Unternehmen, welche Veränderungen sie wann treffen? Und mit welchen Maßnahmen?

Workforce Transformation in drei Stufen

HUMAN hat einen dreistufigen Ansatz in Bezug auf die Workforce Transformation entwickelt, der iterativ und nicht linear umgesetzt wird:

  • Planen
  • Bauen
  • Mobilisieren

1. Planen

Wo wollen wir hin und wen brauchen wir dafür?

Dazu müssen zunächst drei wesentliche Einflussfaktoren in der Tiefe verstanden werden, die auf die zukünftige Personalstruktur wirken:

  1. Unternehmensziele und -strategie, also wie sich zum Beispiel Produktportfolio, Wertschöpfung, Leistungserbringung, Märkte entlang des strategischen Zeithorizonts wandeln werden.
  2. Technologien, die einerseits das Geschäftsmodell und die Produkte verändern und andererseits die Unternehmensprozesse und das Betriebsmodell.
  3. Die Rahmenbedingungen wie beispielsweise gesellschaftliche Entwicklungen und der rechtliche Rahmen.

Im nächsten Schritt wird geschaut, was das konkret für die aktuelle und zukünftige Workforce bedeutet:

  • Status quo analysieren: Wen haben wir heute an Bord? Mit welchen Kompetenzen, in welcher Kapazität, zu welchen Kosten und in welcher Komposition? Das nennen wir die 4K.
  • Strategieauswirkungen ableiten: Wie wirken die einzelnen strategischen Initiativen auf Bereiche und Funktionscluster? Welche Bereiche müssen wachsen? Wo brauchen wir neue Skills? Wo haben wir Lücken, wo Überkapazitäten?
  • Substituierbarkeitspotenzial definieren: Welche Tätigkeiten und Funktionen werden zukünftig durch Technologie ergänzt oder ersetzt? In welchem Umfang? Ab wann? Zu welchen Kosten? Was sind mögliche Marksteine in der Umsetzung?

Ein differenziertes Bild der Zukunft

Das Instrument, das diese Analysen erstellt, nennt sich Strategic Workforce Planning (Strategische Personalplanung). Ein erprobter Ansatz, der heute allerdings agil-iterativ, szenariobasiert und tool-unterstützt umgesetzt werden muss, um den vollen Wertbeitrag zu realisieren.

Getrieben wird diese Analyse gemeinsam von HR, Strategie, Finanzverantwortlichen und operativem Management. Am Ende entsteht ein differenziertes Bild der „Future Workforce“. Wir wissen, welche Anzahl an Mitarbeitenden in welchen Bereichen gebraucht wird (Kapazität), welche Fähigkeiten und Skills sie mitbringen müssen (Kompetenzen), in welcher Zusammensetzung, zum Beispiel an welchem Standort, in welchem Geschlechter- und Altersmix, aber auch mit welchem Anteil an Freelancern (Komposition) und wie sich das Ganze auf den Personalaufwand auswirken wird (Kosten). Im Ergebnis wird ein gemeinsames Bild davon erzeugt, welche Menschen das Unternehmen in den kommenden fünf bis zehn Jahren braucht, um die Unternehmensziele zu erreichen.

2. Bauen

Die Erkenntnis ist das eine, die Umsetzung das andere, das alles Entscheidende.

Was passiert jetzt mit dem guten Plan? Wie kommt man vom Status quo zur „Future Workforce“? Wie schließt man die Lücke in der Workforce und hebt das Automatisierungspotenzial?

Um im Bild des „Bauens“ zu bleiben, sprechen wir von drei Instrumenten zur Future Workforce: dem Aufbau, dem Umbau und dem Abbau.

Im Aufbau wird nach neuen Arbeitskräften und neuen Kompetenzen gesucht, die nur von außen ins Unternehmen geholt werden können. Wir machen das nach einem Grundsatz, den wir „4B“ nennen. Wir fragen uns bei jedem Aufbau:

  • Können wir ihn aus den eigenen Reihen stemmen (Build)?
  • Falls nicht, müssen wir ihn extern rekrutieren (Buy)?
  • Ist der Aufbau dauerhaft oder temporär (Borrow)?
  • Oder kann eine Technologie diese Tätigkeit übernehmen (Bot)?

Es wird für Unternehmen darum gehen, „TalentÖkosysteme“ zu bauen, die aus klassischen Festanstellungen bestehen und aus freieren Beschäftigungsformen. Warum? Weil sich Top-Talente häufig nicht in feste Hierarchiegefüge pressen lassen und weil sich benötigte Tätigkeiten immer schneller ändern.

Umbau der Personalstruktur als große Herausforderung

Im erforderlichen Umbau der Personalstruktur steckt sicher die noch größere Herausforderung und Chance zugleich. Im Kern geht es um die Frage: Wen müssen wir „reskillen“, umqualifizieren oder „upskillen“, also bei wem müssen Kompetenzen ergänzt werden? Die Floskel vom „lebenslangen Lernen“ geistert schon seit vielen Jahren durch die öffentlichen Bekundungen, wie notwendig das geworden sei. Aber:

Wie schnell und nachhaltig Unternehmen neue Fähigkeiten aufzubauen in der Lage sind, ist entscheidend für ihre Adaptionsfähigkeit und damit Wettbewerbsfähigkeit, wenn nicht gar Überlebensfähigkeit.

Autokonzerne bauen Institute und Akademien auf, um ITler intern auszubilden oder auf Verbrennungsmotoren spezialisierte Ingenieure zu Ingenieuren für die Elektromobilität umzuqualifizieren.

Für den Abbau haben die HR-Abteilungen spätestens in der Finanzkrise 2009 einen inzwischen etablierten Instrumentenkasten entwickelt. In erster Linie durch das Einfrieren nicht mehr benötigter frei werdender Stellen, die vor allem durch den Wechsel von Beschäftigten in den Ruhestand entstehen.

Nicht nur tiefgreifende Krisen, auch Transformationsprozesse werden sich nicht ganz ohne den Abbau von Beschäftigten meistern lassen.

Wie auch immer ein Unternehmen den Umbau oder Abbau bewerkstelligen will, am wichtigsten ist die frühzeitige Kooperation mit den Sozialpartnern, also Betriebs- und Personalräten. Ihnen kommen zwei wesentliche Rollen zu: erstens als Sparringspartner für den Transformationsplan und zweitens als Multiplikatoren in die Organisation hinein.

Verhältnisse ändern Verhalten

3. Mobilisieren

Verhältnisse ändern Verhalten! Eine erfolgreiche Workforce Transformation gelingt nur dann, wenn sie sowohl äußere als auch innere Veränderungen bewirkt. Die aus der Vergangenheit sattsam bekannten „Change-Programme“ haben erfahrungsgemäß kaum nennenswerte Resultate gezeigt, sondern Organisationen durcheinandergewirbelt und bei den Beschäftigten schon fast allergische Reaktionen ausgelöst. Vielmehr gilt es, den Grundsatz zu beherzigen, dass erst veränderte Verhältnisse verändertes Verhalten ermöglichen. Oder anders: Erst kommt das Wollen, dann das Können, dann das Sollen, dann das Dürfen.

Die äußeren Transformationsbeschleuniger beinhalten ein neues Arbeitsumfeld, das automatisch mit neuen Jobs einhergeht, häufig zeitlich und örtlich flexibel, und das – wo möglich – mit neuen Tools unterstützt wird, die das Leben der Mitarbeitenden erleichtern. Zudem muss sich der HR-Instrumentenkasten enorm anpassen – von der Rekrutierung über Anreizsysteme, Performance Management und neue Organisationsstrukturen bis hin zur Governance und neuen Führungsqualitäten.

Als innere Transformationsbeschleuniger wirken nicht nur die neuen Fähigkeiten, die Mitarbeitende erwerben, sondern allen voran auch ein eindeutiges „Warum“ der Transformation. Daran bemisst sich neue Führungsqualität. Mitarbeitende auf neue Wege mitzunehmen, verlangt zum Beispiel Aussagen dieser Art:

„Wir haben ein Problem …, das uns alle betrifft, weil…, wir müssen jetzt handeln, sonst …, aber wir können … gewinnen, ganz konkret profitieren die Mitarbeiter von …, wir machen es nur gemeinsam, das heißt auch und insbesondere unter Beteiligung der Sozialpartner …, als Nächstes werden wir …“

Führung muss also empathischer, unmittelbarer werden und so jedem Einzelnen im Unternehmen Orientierung und Perspektive geben.

Menschen wollen ein Teil des großen Ganzen werden, wollen gesehen und gehört werden. Deshalb ist eine Zwei-Wege-Kommunikation essenziell. Nicht zuletzt ist es eine unerschütterliche Konsequenz, unbeeinflusst von den weitverbreiteten unternehmenspolitischen Ränkespielen, die über das Gelingen der Workforce Transformation entscheidet.

Konsequenz heißt in erster Linie, dass der oder die Vorstandsvorsitzende diesen Transformationswillen geradezu verkörpert, vorlebt und beständig kommuniziert.

Dass Veränderungsprozesse „von oben“ rückhaltlos vorgelebt werden müssen, ist nach dem Grundwissen der Managementlehre schon ein alter Hut. Aber dieser vermeintlich alte Hut war noch nie so „en vogue“ wie in diesen disruptiven Zeiten, in denen alle Signale auf Transformation stehen. Und last but not least braucht es ein sehr diszipliniertes, messbares Programm-Management sowie Manager und Managerinnen mit Schulterklappen, die es operativ treiben. „So läuft doch jedes unserer Projekte“, werden die meisten sagen. Unsere Erfahrung zeigt: „Das wäre schön.“

 

Workforce Transformation in 3 Stufen

Ein Appell zum Schluss

Wenn Unternehmenslenker und Spitzenmanagerinnen ihre Workforce jetzt nicht transformieren, transformiert sich auch nicht das Unternehmen – und sie erleben im Zweifel auch dessen Zukunft nicht mehr. Wir hören das seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie ständig von Politikern oder von Virologen: Es sei fünf vor zwölf, wir müssten noch mehr unternehmen, um die Gefahr weiterer Ansteckungen einzudämmen. Aber das gilt nicht nur für die Bekämpfung eines Virus, sondern auch für die Bekämpfung einer gefährlichen Nachlässigkeit in vielen Unternehmen, wenn es darum geht, die Überlebensfähigkeit in Zeiten der Disruption zu sichern. Auch diesbezüglich steht die Uhr bei vielen auf mindestens fünf vor zwölf, wenn nicht schon später. Doch klar sollte inzwischen geworden sein, dass keine Transformationsstrategie eines Unternehmens ohne begleitende Workforce Transformation gelingen kann. Genau jetzt ist die Zeit gekommen, und genau jetzt eröffnen sich unzählige neue Chancen, sich durch eine auf die Zukunft ausgerichtete Personalstruktur Wettbewerbsvorteile zu sichern. Für viele Unternehmen gilt eben, was der Rennfahrer Ayrton Senna einmal sagte: „You cannot overtake 15 cars in sunny weather … but you can when it’s raining.“

Dieser Beitrag erschien in changement! Heft 03/2021.

Personalstrukturen für die Zukunft

Der Druck zur Veränderung von Personalstrukturen ist so hoch wie nie – besonders vor dem Hintergrund der aktuellen Krisen. Wir erleben eine globale Reskilling-Revolution, den Vormarsch von Job-Automatisierung, Mangel an Fachkräften und den demografischen Wandel.

Wie kann es Unternehmen in diesen Zeiten gelingen anpassungsfähig zu bleiben? Welche Herausforderungen ergeben sich in der strategischen Personalplanung und welche Automatisierungspotenziale funktionieren in der Realität?

Der Workforce Transformation Summit in Frankfurt am Main liefert Ihnen am 21. September 2022 Antworten, Best Practices, hochkarätige Panels und Vernetzung mit denen, die ihre Workforce Transformation bereits auf den Weg gebracht haben. Profitieren Sie von wertvollen Handlungsimpulsen hochkarätiger Vorständ:innen und Expert:innen von Unternehmen wie wie Bayer, BMW, Deutsche Bank, Henkel, Infineon, MVV, Software AG, Thyssenkrupp und VW Nutzfahrtzeuge.

Workforce Transformation Summit 2022

 

Autor

Benedikt von Kettler
ist Managing Partner von HUMAN. Das Unternehmen begleitet Transformations- und Strategieprozesse und ist spezialisiert auf Workforce Transformation und New Work. Zu den Kunden zählen über 50 Unternehmen. Benedikt von Kettler ist Autor des Standardwerks „Strategische Personalplanung“.
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Wir fragen Menschen nach ihren Quellen der Inspiration und bitten sie, fünf davon mit uns zu teilen. Nico Rose begeistert sich für tiefgehende Forschungsarbeiten zur Organisationspsychologie, gutes Storytelling und Twitter. Energie geben ihm die rockigen Klänge des Heavy Metal.

1 Original-Forschung

Am meisten werde ich durch wissenschaftliche Paper inspiriert. Viele Menschen hören nach der Hochschule auf, so etwas zu lesen, weil es zugegeben mühselig ist. Ich habe das schon immer genossen, auch, als ich noch Manager war. Am liebsten lese ich Review-Artikel zu organisationspsychologischen Themen. Da bohrt man ein dickes Brett. Aber wenn man sich durch so ein Monstrum durchgearbeitet hat, kennt man zu dem Thema den aktuellen Stand der Forschung, zumindest auf einer aggregierten Ebene. Diese fachliche Tiefe ist mir wichtig, auch und vor allem in meiner Arbeit als Speaker.

2 Sachbücher

Neben Originalforschung lese ich viele Sachbücher aus Organisationspsychologie und Verhaltensökonomie. Meistens sind das US-amerikanische Autoren, weil an den dortigen Universitäten die beste Forschung geleistet wird, aber auch, weil die Bücher oft etwas flotter geschrieben sind als deutsche Werke. Es inspiriert mich, wenn erstklassige Forschung mit gutem Storytelling verknüpft wird. Das jüngste Buch, was mich begeistert hat, war „How to Change“ von Katy Milkman.

3 Twitter

Ich folge nicht vielen Accounts auf Twitter, aber trotzdem – oder vielleicht deswegen – ist es für mich eine regelmäßige Quelle der Inspiration. Ich bin verbunden mit vielen Forscherinnen und Forschern, die regelmäßig Links zu interessanten Studien posten. Häufig lasse ich mich auch durch Headlines aus der Wirtschaftspresse anmuten, nutze das als Aufhänger, um selbst etwas zu schreiben. Twitter ist für mich ebenfalls ein Ort für gehobenen Quatsch: beispielsweise Wortspiele, Ironie, Memes. Auch hieraus können durchaus Ideen für Fachbeiträge und Kolumnen entstehen.

4 Coaching-Klienten und Gespräche nach Vorträgen

Insbesondere seit ich Hochschullehrer bin und nicht mehr selbst in einem Unternehmen arbeite, sind die Gespräche mit meinen Coaching-Klienten und -Klientinnen, aber auch der Austausch mit Menschen nach Vorträgen, so etwas wie mein „Ohr im Markt“. Die Baustellen und Herausforderungen dieser Personen inspirieren mich zu meiner eigenen Forschungsarbeit sowie ebenfalls unter anderem zu Kolumnen und Kommentaren.

5 Heavy Metal

Neben der Forschung und meiner Familie ist Heavy Metal die große Leidenschaft in meinem Leben. Wenn möglich, habe ich immer Musik im Ohr – und so begleitet mich Metal auch während ich schreibe. Die Musik spendet mir Energie, inspiriert mich aber ebenso inhaltlich. So habe ich mehrfach die Gründer des Wacken Open Air interviewt: Wie managen die ihren Laden? Auf welchen Wegen gestalten sie bewusst ihre Marke? Und was können „normale Unternehmen“ davon lernen?

 

changement! Heft 09/2021

 

Autor

Nico Rose
ist Autor, Keynote Speaker, Coach sowie Professor für Wirtschaftspsychologie an der International School of Management in Dortmund. Er ist außerdem Experte für Positive Psychologie. In Kürze erscheint sein neues Buch „Management-Coaching und Positive Psychologie: Stärken stärken, sinnvoll wachsen“.
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Business-Ökosysteme erschaffen sich nicht von selbst. Die Akteure eines solchen Systems verbinden sich nicht automatisch und fangen einfach an, radikal zusammenzuarbeiten. Zur Erreichung eines Minimum Viable Ecosystems muss genau verstanden werden, wer potenzielle Ökosystempartner sind, welche Rollen sie einnehmen und welche Fähigkeiten sie einbringen können.

Das Design von Business-Ökosystemen hat sich in den letzten Jahren zu einer eigenen Disziplin entwickelt. Ausgangspunkt für die Business-Ökosystem-Überlegungen ist meist der Kunde oder Nutzer mit seinen Bedürfnissen. Durch Design Thinking und die Lean-Start-up-Werkzeuge wurden im besten Fall bereits vorgängig die Kundenbedürfnisse und die Value Proposition validiert. Die Gestaltung eines passenden Business-Ökosystems erfolgt in verschiedenen Schritten, die sich auf den „Virtuous Design Loop“, den „Validation Loop“, den „Realization Loop“ und den „Experiment Loop“ verteilen.

: Design Loops für Gestaltung von Business-Ökosystemen

Es handelt sich hierbei jedoch nicht um eine Blaupause, sondern vielmehr um einen Vorschlag, der die wichtigsten Elemente zur Erreichung eines Minimum Viable Ecosystem (MVE) abbildet. Das finale MVE bildet das erste funktionierende System in seiner effizientesten Ausprägung.

Den Beitrag der Akteure definieren

Ein wichtiger Bestandteil in der Gestaltung, im Virtuous Design Loop ist die Auseinandersetzung mit den Bedürfnissen, Fähigkeiten und dem potenziellen Beitrag der jeweiligen Business-Ökosystem-Akteure an der Value Proposition. Hierfür ist es zum einen wichtig zu verstehen, welche Fähigkeiten, Services und Produkte von den jeweiligen Akteuren eingebracht werden können, als auch wie das aktuelle und zukünftig neue Geschäftsmodell der Akteure zum Business-Ökosystem passen. Basierend auf diesen Erkenntnissen und Beschreibungen der Akteure helfen Rollenspiele, die Sichten der jeweiligen Akteure besser zu verstehen und sie in den Kontext der zu erzielenden Value Proposition oder zum gesamten Zielbild eines Business-Ökosystems zu stellen. Die Distanz eines Akteurs zur Erbringung der Value Proposition und zu anderen Akteuren drückt aus, wie systemrelevant diese jeweils sind. In solchen Systemaufstellungen – in Form von Rollenspielen – können schnell Befindlichkeiten, Gewinnbringer und die Relevanz des potenziellen Akteurs diskutiert werden. Im Rahmen eines Co-Creation-Workshops kann zum Beispiel jedes Teammitglied ein bis zwei Akteure im Rahmen des Rollenspiels vorstellen und deren Sichtweise einnehmen.

Das Rollenspiel und die Systemaufstellung helfen dem Business-Ökosystem-Design-Team:

  • alle Akteure (im Rahmen des Rollenspiels) mit den Annahmen oder validierten Aussagen zu ihren Positionen zu hören;
  • Wissen über die Akteure im Team zu teilen und eine Diskussion zu starten;
  • zu hinterfragen, ob der jeweilige Akteur zum Ökosystem passt;
  • eine gefühlte Nähe oder Distanz von Akteuren zur Value Proposition zu eruieren;
  • fehlende Fähigkeiten bzw. Akteure zu identifizieren.

Vorgehen:

  1. Jedes Teammitglied nimmt eine Rolle der definierten Akteure ein. In die Mitte vom Raum wird die Value Proposition aufgeschrieben. Die Akteure gruppieren sich nach ihrer Wichtigkeit und direkten oder indirekten Beziehungen zu anderen Akteuren im Raum und zur Value Proposition.
  2. Jedes Teammitglied (=Akteur) ist aufgefordert, seine Rolle, Vorteile und Nachteile zu erläutern und wieso es an der eingenommenen Position steht. Aus der Diskussion können die Positionen der Akteure zur Value Proposition verändert werden, neue Akteure oder Rollen hinzugefügt oder der Abstand verändert werden.
  3. Die Erkenntnisse fließen in die Beschreibung der jeweiligen Akteure ein und helfen besonders im nächsten Schritt, in der die initiale Ökosystem-Landkarte erstellt oder iterativ weiterentwickelt wird.

Die Beschreibungen der aktuellen und potenziellen Akteure und im Ökosystem-Design-Team durchgeführte Rollenspiele helfen, diese auf der Business-Ökosystem-Landkarte zu verorten.

Für die meisten Business-Ökosystem-Initiativen ist ein konsequentes Denken aus Sicht des Kunden und der damit verbundenen Value Proposition der passende Ansatz.

Zentral ist somit der Kunde. Die jeweiligen Kreise zeigen die Distanz der Akteure zum Kunden und die Wichtigkeit, etwas direkt zur Erstellung der Value Proposition beizutragen. Die Anzahl der Kreise, auf denen die Akteure des Ökosystems verortet werden, hängt von der Komplexität der Systeme ab. Für erste Überlegungen reichen meist zwei bis drei Kreise, welche die Akteure, Orchestratoren und Lieferanten eines potenziellen Ökosystems schnell verorten lassen.

Die Business-Ökosystem-Landkarte bietet die Basis für die Definition der Wertströme. In der Definition der Wertströme liegt der Grundgedanke, dass aufgrund ihrer Beschaffenheit und ihrer nachhaltigen Existenz Business-Ökosysteme als Ganzes mehr Wert erzeugen als die Summe der einzelnen Akteure, die unabhängig voneinander handeln. In einer traditionellen Sichtweise der Wertströme ist die Wertschöpfung inkrementell, d. h., dass die jeweiligen Akteure in der Regel „cost plus“ eine gewisse Kapitalrendite decken. In Business-Ökosystemen schaffen die Akteure Wert durch ihr Engagement innerhalb des Systems als Ganzes. Der Kunde/Nutzer interagiert mit dem Ökosystem oder mit einzelnen Akteuren im System (je nach Konfiguration).

Erfolgsfaktoren für die Gestaltung

Das Rollenspiel und die Systemaufstellung haben einen transformativen Charakter, da eine verstärkte Auseinandersetzung mit den anderen Akteuren, bis hin zu den Wettbewerbern, im zu gestaltenden Business-Ökosystem entsteht. Diese Fähigkeit ist sehr wichtig, da meist ebenso Vorschläge für die möglichen Geschäftsmodelle der beteiligten Akteure im System gemacht werden müssen. Schließlich kann Business-Ökosystem-Kapital nur durch die Verbindung zu den Akteuren und ihren wertschöpfenden Aktivitäten entstehen. Letztendlich ist es das Ziel im Business-Ökosystem-Design, eine Win-win-Situation für alle am Ökosystem beteiligten Akteure zu erzeugen. Für die Anwendung eines Rollenspiels und einer Systemaufstellung in der Gestaltung von Business-Ökosystemen sind die folgenden Punkte erfolgsentscheidend:

  1. Offenheit der Teammitglieder, eine neue Rolle einzunehmen und aus Sicht des jeweiligen Akteurs zu denken
  2. Durchführung von Iterationen, in denen bewusst bestehende Strukturen und Verbindungen aufgelöst werden
  3. Begleitung durch einen Workshop-Facilitator, der neutral die jeweiligen Standpunkte, Stimmungen und Aussagen aufnimmt und das Rollenspiel moderiert
  4. Fokussierung auf einen Perspektivwechsel von „Ja, aber“ zu „Ja! Und …“, der es erlaubt in Wertströmen statt in Risiken zu denken
  5. Dokumentation der jeweiligen Systemaufstellungen, Reflexion und schrittweise Überprüfung der getroffenen Annahmen mit den jeweiligen potenziellen Akteuren im System

 

changement! Heft 08/2021

 

Autor

Michael Lewrick PHD | MBA

ist Bestseller-Autor, Speaker und Experte für Wachstums- und Business-Ökosystem-Strategien. Mit seiner Hilfe haben zahlreiche Unternehmen Ökosysteme gestaltet, umgesetzt und skaliert. Er ist u. a. Autor des Buchs „Business Ökosystem Design“, das im Vahlen Verlag erschienen ist.

Remote-Zusammenarbeit in Unternehmen erfordert mehr als nur Videokonferenzen. Es ist entscheidend, die richtigen Rahmenbedingungen für virtuelle Zusammenarbeit zu schaffen. Nadine Soyez, Management Consultant bei Virtual Team Heroes erläutert die wichtigen Aspekte in ihrem Beitrag „Tipps zur erfolgreichen virtuellen Zusammenarbeit“.

Sofort anfangen! Jeder Schritt zählt

Micro-Learning-Cycles unterstützen das lebenslange Lernen. Ihre sofortige Umsetzbarkeit und die flexible Anwendung gehören zu den größten Vorteilen. Sie können sogar in Verbindung mit einem übergeordneten Reflexionszyklus einen Beitrag zur lernenden Organisation leisten.

Auf dem Weg zur lernenden Organisation steht manch einer vor der Frage: Wann soll das denn noch passieren?
Nicht nur, dass der Tag gefüllt ist mit „täglicher Arbeit“ und der Erwartung, erfolgreich im Zeit- und Budgetrahmen zu performen. Nun kommt auch noch die Aufforderung hinzu, „lebenslang zu lernen“ und sich weiterzubilden. Da liegt es nahe, dass so manch einer den Kopf in den Sand steckt und im Überlebensmodus das weglässt, was nicht unmittelbar benötigt wird.

Leider gehören dazu eben oft auch das Weiterbilden und das Lernen für die Zukunft. Zumal sich die Community der Lernbegleiterinnen und -begleiter (zum Beispiel Trainer und Coaches) einig ist, dass insbesondere die Kompetenz zu lernen und sich selbst zu steuern in den nächsten Jahren zunehmen wird. Nicht umsonst: „Selbstführung wird als Schlüsselkompetenz angesehen.“

Jeden Tag neue Dinge ausprobieren

Und genau hier setzen Micro-Learning-Cycles an. Micro-Learning-Cycles (MLCs) sind ein smartes Tool, das, wenn es eingesetzt wird, sowohl aus Sicht des Lernbegleiters als auch aus Sicht des Lernenden mehrere Fliegen mit einer Klappe schlägt.

Denn MLCs unterstützen als Micro-Lerneinheit das lebenslange Lernen, sie fungieren durch ihre Einfachheit als „sofort umsetzbares Tool“ und sie können gleichzeitig – wenn durch eine Challenge eingerahmt – als Trainingselement der Veränderung eingesetzt werden, indem sie anregen, jeden Tag – und sei es nur kurz – etwas Neues zu tun.

Durch dieses „jeden Tag etwas Neues tun“ wird der Lernende trainiert, neue Dinge auszuprobieren. Und nachdem wir wissen, dass unser Gehirn eine Hochleistungsmaschine ist und Skalierung versteht, wird so Veränderung im Großen leichter, einfach weil im Kleinen kontinuierlich trainiert wurde.

Die notwendige Zeit aufbringen

MLCs sind eine minimale Lerneinheit, die so konzipiert wurde, dass auch Menschen, die sehr viel zu tun haben, die notwendige Zeit aufbringen und für sich sinnvoll nutzen können. Ein MLC ist typischerweise zwischen fünf und 15 Minuten lang und stellt eine Art Container dar, etwas Neues zu tun. Dabei ist der Startpunkt durch folgende Kriterien festgelegt:

  1. Es geht darum, etwas zu tun, was man niemals zuvor getan hat (und vielleicht auch nie wieder tun wird).
  2. Es darf etwas sein, was bei dem oder der Lernenden eine gewisse Neugierde auslöst. Sollte dies nicht der Fall sein, so gilt ja zum Glück: Nach spätestens 15 Minuten ist es vorbei.
  3. Zur Themenwahl: Die meisten Menschen haben eine Liste mit Dingen im Stile von „Werde ich tun, wenn ich mal Zeit habe“. Solche Listen sind ideal für MLCs.

Der Trick bei den MLCs ist neben der Einfachheit auch, dass man sofort, nachdem man es sich vorgestellt hat, mit der Umsetzung beginnt.

Je weiter wir Umsetzung nach hinten verschieben, desto unwahrscheinlicher wird die Umsetzung überhaupt.

Die sofortige Umsetzbarkeit ist einer der größten Vorteile der MLCs – auch wenn „keine Zeit“ und/ oder man überarbeitet ist: fünf bis 15 Minuten hat jeder. Notfalls werden diese im Rahmen des nächsten Meetings mit auf die Agenda genommen.

Auf die Perspektive kommt es an

Lesen Sie diesen Artikel aus der Perspektive desjenigen, der lernen will und (normalerweise) keine Zeit hat? Dann darf ich Ihnen gratulieren: Allein die Tatsache, dass Sie diesen Beitrag lesen, bedeutet ja schon, dass Sie es schaffen, sich Zeit zum Lernen zu nehmen.

Oder lesen Sie diesen Artikel aus der Perspektive desjenigen, der in seinem Umfeld Menschen hat, von denen er meint, diese sollten sich mehr Zeit zum Lernen nehmen? Nun, dann sei an eine Aussage erinnert, die Galileo Galilei zugeschrieben wird: „Man kann einen Menschen nichts lehren, man kann ihm nur helfen, es in sich selbst zu entdecken.“

Dies mag zunächst frustrieren, was Sie jedoch aber sehr wohl gestalten können, ist die Umgebung zum Lernen und den (Zeit-)Raum. Und hier offenbart sich die zweite Stärke der MLCs: Lernen hat auch mit der Etablierung einer sogenannten Erfolgsroutine des Lernens zu tun. Eine Routine zu etablieren, braucht je nach wissenschaftlicher Studie 21 bis 100 Wiederholungen.

Und nachdem die MLCs nur eine kleine Zeiteinheit benötigen, bin ich mir sicher, dass es Ihnen möglich sein wird, für die Menschen, an deren Lernerfolg ihnen etwas liegt, eben diesen Freiraum zu kreieren. Etablieren Sie zum Beispiel im Rahmen ihres Jour fixe ein MLC als Lerneinheit und vor allem: Finden Sie den für Sie und Ihr Team passenden Rahmen, um einen einzelnen MLC herum.

Dabei gibt es verschiedene Varianten. Das könnten sein:

  • das Ausrufen einer Challenge (zum Beispiel eines „Adventskalenders“ vom 1.–24. Dezember).
  • die Aneinanderreihung von MLCs, um ein größeres Ziel zu erreichen (zum Beispiel sich 30 Tage mit Sketchnotes zu beschäftigen und jeden Tag ein neues Symbol zu lernen).

Dabei sind der Fantasie keine Grenzen gesetzt. Manchmal hilft es auch, eine Überraschung für alle Dranbleiberinnen und Durchhalter oder – bei freiwilliger Teilnahme – Mitmacher am Ende auszusprechen. Die Überraschung sollte klein, aber nett sein. Der ideelle Wert steht im Vordergrund. Ich lasse die Teilnehmenden übrigens ausschließlich an Themen arbeiten, die sie gerade individuell interessieren. Und Teams bzw. Gruppen, die gemeinsame Interessen teilen, kann man auch ein gemeinsames Thema wählen lassen.

 

Beispiele für MLCs (Wie Micro-Learning-Cycles das lebenslange Lernen unterstützen)

 

Ziele setzen, anfangen, Spaß haben

Die MLCs sind so erfolgreich, weil sie die entscheidenden Faktoren einer erfolgreichen Umsetzung berücksichtigen und diese mit Leichtigkeit und mit einem fast schon spielerischen Ansatz anleiten. Diese Faktoren sind: Ziel setzen, anfangen umzusetzen, weitermachen, Spaß haben, weitermachen, bis das Ziel erreicht ist.

„Die Flexibilität, eventuell auch nur fünf Minuten aufzuwenden, führt zu hoher Akzeptanz.“

Allein durch die Tatsache, dass selbst eine als „unbeliebt“ angesehene Aufgabe nur für bis zu 15 Minuten gemacht wird, nimmt schon erheblichen Druck heraus, der oft entsteht, wenn Menschen in Veränderungsprozessen angeleitet werden. Ein weiterer erfolgskritischer Punkt ist die Freiheit der Themenwahl und im Rahmen von Challenges die permanente Möglichkeit, das Thema zu wechseln.

Selbst da, wo MLCs nicht strukturiert als Challenge oder Ähnliches genutzt werden, sondern nur im Rahmen von Mitarbeiterinitiativen hier und da zur Anwendung kommen, verbreitet sich dieser Ansatz oft weiter, da es die berühmte „Low Hanging Fruit“ der Anwendung hervorragend abbildet und eben so wenig Zeit benötigt. Und nicht zuletzt ist es die Flexibilität, eventuell auch nur fünf Minuten aufzuwenden, die zu hoher Akzeptanz führt.

Die Organisation lernt mit

Zum Abschluss möchte ich noch eine weitere Ebene aufzeigen, die beispielsweise um Lern-Challenges und MLCs herumgelegt werden kann, und die meiner Meinung nach ein, wenn nicht sogar der Schlüssel für die Weiterentwicklung von Organisationen ist: das Teilen der jeweiligen Projekte mit anderen sowie die Reflexion als Schlüssel zum organisationalem Lernen.

Wenn die Teilnehmenden in regelmäßigen Abständen zusammenkommen und über ihre Erkenntnisse aus den MLCs aber auch beispielsweise aus den Challenges berichten sowie gemeinsam reflektieren und dabei sowohl auf inhaltlicher Ebene (Was habe ich im MLC gemacht?) als auch auf struktureller Ebene (Wie funktionierte das Lernen für mich?) ihre Erfahrungen austauschen, kann über die Zeit eine Entwicklung in Richtung lernende Organisation entstehen.

Zusammenspiel von MLC, Challenge, Reflexions (Wie Micro-Learning-Cycles das lebenslange Lernen unterstützen)

Die Abbildung illustriert das Zusammenspiel von MLC, Challenge und Reflexionszyklus. Spätestens mit der Anwendung eines übergeordneten Reflexionszyklus wird der MLC Bestandteil der lernenden Organisation. Dies gilt selbst dann, wenn der Inhalt des einen oder anderen MLCs (oder sogar alle) nichts mit der Arbeit zu tun hat. Die Organisation profitiert spätestens jetzt von der hinzugewonnenen Kompetenz der Mitarbeitenden, obwohl – oder gerade weil – diese vordergründig nicht in Bezug auf vorgegebene Pflichtthemen des Arbeitsalltags erarbeitet oder erlernt wurden.

Liebe Lesende, was ist jetzt das eine Thema, dem Sie sich in Ihrem ersten MLC widmen? Fangen Sie an. Jetzt sofort. Denn so geht Umsetzung.

Autorin:

Anne Hoffmann ist Expertin für Selbstführung und Umsetzung. Getreu ihrem Motto „einfach.leicht.performance“ ist die Führungskraft aus der IT-Branche stets auf der Suche nach Wegen, Lernen und Weiterentwicklung so zu gestalten, dass Lernen für jeden möglich ist. Derzeit schreibt sie an einem Buch über Agile Games. Sie bloggt außerdem zu Themen rund um Führung, Veränderung und Lernen. (www.anne-hoffmann.com)

In Zeiten der digitalen Transformation muss die Rolle der Lernbegleitung und Kompetenzentwicklung hervorgehoben werden, während Zertifikate lediglich eine ergänzende Rolle beim Weiter- und Umschulen spielen sollten. Dies wird im folgendem Beitrag thematisiert: „New Learning – Lernen im Wandel“.