„Agile Arbeitsweisen sehen wir als Chance, eine nachhaltige Arbeitsumgebung zu schaffen“
Danone DACH ist auf dem Weg zur hybriden Organisation. Im Rahmen dieser Transformation setzt man vor allem auf drei strategische Säulen: ein agiles Mindset, crossfunktionale Teams und die „Agile Catalysts“. Was es mit dieser Community auf sich hat, erläutert Katja Maslo, Senior Agile Coach, im Interview. Außerdem spricht sie über die Erfolgsfaktoren der Transformation und warum ein „Test and Learn“-Ansatz bei Danone besonders wichtig ist.
Danone DACH befindet sich derzeit in einer agilen Transformation. Was war der Auslöser dafür, diesen umfassenden Wandel anzugehen?
Durch Agilität können wir unsere Arbeitsweise auf die schnell wechselnde Umgebung, in der wir uns befinden – die Komplexität des Business in der VUCA-Welt und New Work zum Beispiel –, anpassen. Wir haben nach Wegen gesucht, wie wir unsere Anpassungsfähigkeit hinsichtlich der verändernden Bedingungen stärken und Wandel noch mehr als Chance begreifen können. Unser Ziel ist es, unsere Teams in dieser neuen Welt zu befähigen, effizient und effektiv zu arbeiten. Und was ganz wichtig ist: mehr Eigenverantwortung in die Teams zu geben.
Agile Arbeitsweisen sehen wir als Chance, eine nachhaltige Arbeitsumgebung für unsere Danoner zu schaffen und auch als Unternehmen unsere strategischen Ziele fokussiert zu erreichen. Der Ansatz hilft uns, besser zu priorisieren, die Kunden noch mehr in den Mittelpunkt zu rücken und fokussiert unsere Themen voranzutreiben.
Was, würden Sie denn sagen, sind die wesentlichen Säulen dieser Transformation?
Wir haben für uns in Danone DACH einen holistischen Ansatz gewählt, der auf drei strategischen Eckpfeilern beruht. An erster Stelle steht ein agiles Mindset, das als Kernelement in unserer Kultur verankert ist. Denn die agilen Werte und Verhaltensweisen bilden die Basis für unser Denken und Handeln in unseren Teams wie auch in unserer Führungskultur. Eine weitere – sehr wertvolle – Säule sind auch unsere agilen Piloten. Crossfunktionale Teams probieren sich im Rahmen eines „Test and Learn“-Ansatzes in strategischen Projekten aus und nutzen agile Methoden. Und schließlich bilden unsere diversen Trainingsangebote einen wichtigen Pfeiler. Wir möchten ein Angebot schaffen, das jedem ermöglicht, sich zum Thema Agilität weiterzubilden. Daher haben wir ein breites Spektrum an Trainings – von den Basics bis hin zu Ausbildungen als Agile Coaches.
Ihr Anspruch ist es aber, wie ich gelesen habe, eine „hybride Organisation“ zu bauen, die agile Projektteams mit einem traditionellen Ansatz vereint. Warum streben Sie diese Mischform an und nicht eine komplett agile Organisation?
Es ist richtig, wir haben uns zum Ziel gesetzt, eine hybride Organisation zu bauen, in der wir abhängig von unserem strategischen Fokus und unserem Kunden entscheiden, wie wir unsere Ressourcen verteilen. Entweder über den traditionellen Ansatz oder indem wir agile crossfunktionale Projektteams einrichten. So beschleunigen wir bei strategischen Themen unser Wachstum und die Wertschöpfung.
Als große Organisation gibt uns die übergreifende traditionelle Struktur Stabilität. Manche Bereiche arbeiten sehr effizient und brauchen sich nicht zu verändern. Andere Bereiche, wie Innovationsentwicklung oder „Data and Digital“, wollen wir völlig neu denken, um den Kunden in den Mittelpunkt zu rücken und die kollektive Intelligenz eines crossfunktionalen Teams zu nutzen.
Keine Angst, dass es zwischen den Einheiten, die unterschiedlich arbeiten, zu Reibungsverlusten kommt?
Wie bei anderen großen, klassisch organisierten Unternehmen auch, entstehen bei uns Reibungspunkte, wenn wir agile Projekte parallel zu klassischen aufsetzen. Der hybride Ansatz führt zu Herausforderungen, da unterschiedliche Führungsstile, Denkweisen und Prozesse aufeinandertreffen. Wichtig ist, dass wir diese Situationen mit den Teams ansprechen, auch um Resignation vorzubeugen. Wir nutzen beispielsweise Retrospektiven, um mögliche Verbesserungen zu identifizieren. Können die Schwachstellen nicht innerhalb der Teams gelöst werden, ist es wichtig, einen Ansprechpartner zu haben, der diese Themen weitergibt. In unserem Fall sind das unsere internen Agile Coaches.
Sie sagten, Sie verfolgen einen „Test and Learn“-Ansatz. Wie sieht der beispielhaft aus?
Um eine Chance aus dem Wandel zu ziehen, bieten die verschiedenen agilen Methoden zusammen eine vielfältige Toolbox. Welche Arbeitsweisen in unseren Kontext passen und erfolgreich gelebt werden können, wussten wir zu Beginn allerdings nicht. So haben wir angefangen, im kleinen Rahmen mit einem Scrum- und einem Design-Thinking-Piloten zu experimentieren, um herauszufinden, wie uns agiles Arbeiten helfen kann. Das heißt, wir wählen bewusst spezifische crossfunktionale Teams aus, die sich innerhalb eines agilen Rahmens ausprobieren oder auch nur Elemente der agilen Arbeitsweise anwenden. Damit lernen wir, welche Arbeitsweisen für welches Thema in unserer Organisation funktionieren und welche weniger geeignet sind.
Daher ist der „Test and Learn“-Ansatz ein großer Erfolg. Denn es ist auch okay, wenn sich das agile Mindset erst mit dem Ausprobieren agiler Methoden und Arbeitsweisen im zweiten Schritt etabliert.
Können Sie ein Beispiel nennen, wo eine veränderte Zusammenarbeit im Vergleich zu früher ganz besonders deutlich wird?
Ein schönes Beispiel ist unsere „Data and Digital“- Abteilung. Das Team hat sich zum Ziel gesetzt, agile Arbeitsweisen und eine Neuverteilung von agilen Führungsrollen in klassische und crossfunktionale Teamstrukturen einzuführen. Wichtig ist hierbei vor allem der Weg: weg vom Denken und Arbeiten in Silos und hin zu gemeinsamen Zielsetzungen und Prioritäten sowie die Ermächtigung der Teams, Entscheidungen dort zu treffen, wo die Expertise sitzt.
Das Führungsteam und einzelne Sub-Teams arbeiten dabei in abgestimmten iterativen Zyklen mit Planung, Review und Retrospektive. Die Sub-Teams werden dabei befähigt, ihre Themen zu bearbeiten, kreative Lösungen zu finden und Entscheidungen selbst zu treffen. Somit werden sie immer sicherer in ihrer Selbstorganisation und lernen, Eigenverantwortung zu leben.
Diese neuen Rollen und Arbeitsweisen zu lernen, ist nicht einfach und braucht Unterstützung. Daher begleiten wir sie mit Agilen Coaches, die mit ihrer Expertise und dem Perspektivwechsel einen wertvollen Beitrag leisten.
Was, würden Sie sagen, sind die Erfolgsfaktoren, anhand derer sich entscheidet, ob die Transformation gelingt?
Eines der wichtigsten Elemente ist die fortwährende Unterstützung durch das Senior Leadership, gepaart mit dem Freiraum, uns in den verschiedenen Initiativen Schritt für Schritt auszuprobieren und dazuzulernen. Nicht weniger wichtig ist auch die Offenheit und die positive Einstellung unserer Danoner und Führungskräfte gegenüber diesem neuen Thema und dem Erlernen neuer Arbeitsweisen. Außerdem hat sich der Einsatz von Tandems von externen und internen Agilen Coaches für die Teambegleitung gerade am Anfang bewährt. Denn auch externe Expertise ist wichtig, wenn man ein neues Thema für sich als Organisation und im Team einführt bzw. erlernt.
Und was sind Ihrer Ansicht nach die größten Herausforderungen?
Eine der Herausforderungen, die uns bereits zu Beginn begegnet ist, ist das Thema Zeiteinsatz für die agilen Teams. Mit unserem Ansatz „We build while we fly“ hatten wir nicht die Möglichkeit, bestimmte Teams Vollzeit auf ein Thema zu setzen und sie aus ihrem Daily Business rauszunehmen. Die Kollegen hatten somit meistens eine Rolle in „beiden Welten“. Sich eine fokussierte Zeit für das Projektteam einzuräumen, ist also meist nicht einfach.
Die Koordination der Teamroutinen, auch in Kombination mit externen Agilen Coaches, bedarf ebenfalls viel Kommunikation und Organisation. Und einmal entwickelte Teamroutinen aufrechtzuerhalten, braucht viel Motivation und Disziplin. Gleichzeitig bringen alle Mitglieder und Stakeholder dann viele agile Elemente in ihre klassischen Teams ein. Die Erklärung der agilen Arbeitsweise ist auch heute noch eine Hauptaufgabe.
Gleiches gilt für die Demystifizierung des Buzzwords „Agile“. Auf der einen Seite klingt die agile Terminologie „trendy“ und macht Lust, die Dinge auszuprobieren. Und doch geben die Begriffe ebenso viel Interpretationsspielraum, was agiles Arbeiten eigentlich ist und was nicht. Daher setzen wir weiterhin viel Energie ein, um Begriffe wie „Self-Empowerment“, „Kanban“, „Retrospektive“, „Daily“ gut und einfach zu erklären, damit am Ende jeder das Gleiche darunter versteht.
Sie haben vorhin das interne Netzwerk aus „Agile Catalysts“ erwähnt. Welche Aufgabe haben sie genau und wie groß ist das Netzwerk?
Unsere „Agile Catalysts“ helfen uns die agile Arbeitsweise in die Teams zu tragen. Über verschiedene Lernangebote erweitern sie ihr Wissen rund um das Thema Agilität und wenden Elemente der neuen Arbeitsweisen innerhalb ihrer Abteilungen oder in den Projektteams an. Außerdem sind sie eingeladen, ihre Erfahrungen mit dem Netzwerk zu teilen, um sich gegenseitig zu inspirieren, auszutauschen und zu lernen. Aktuell sind circa 150 Danoner Teil unserer internen Community.
Wie sind Sie vorgegangen beim Aufbau dieses Netzwerks?
Zu Beginn sind wir mit einem sehr kleinen Netzwerk gestartet: den Kollegen und Kolleginnen, die sich von sich aus für das Thema Agilität sehr begeistern. Wir haben also auf freiwilliger Basis Enthusiasten gesucht, die uns unterstützen, die neuen Ansätze in die Organisation zu tragen. Wir haben schnell gesehen, wie viel diese bewirken.
Was würden Sie sagen, haben Sie bisher persönlich aus dieser Transformation gelernt, wenn es um das Begleiten von Wandel geht?
Da wir uns noch immer mitten in der Transformation befinden, lernen wir jeden Tag mit unseren Teams dazu. Persönlich nehme ich mit, dass das Verständnis und die Erläuterung der Dringlichkeit, warum es einer Veränderung bedarf, an erster Stelle stehen. Das heißt, alle Ebenen der Organisation – ob Sponsor, Stakeholder, Teams oder Individuen – müssen von Beginn an abgeholt werden: Es muss klar sein, warum es wertvoll ist, sich von der traditionellen Arbeitsweise zu lösen. Denn Neues zu lernen, braucht viel Motivation und Begeisterung. Das bedeutet auch, das trendige Wort „Agile“ in einfach allgemeinverständliche Worte zu fassen. Wichtig ist mir auch das Thema „Team Ramp-up“. Eine gemeinschaftliche Klärung des Auftrags, der Rollen und der Normen der Zusammenarbeit ganz zu Beginn ist essenziell, um als Team in einer Einheit, effizient und effektiv zu arbeiten.
Vielen Dank für das Gespräch.
Das Interview führte Jan C. Weilbacher
Autorin
Katja Maslo ist Senior Agile Coach bei Danone DACH. Sie ist leidenschaftlicher Change Agent und leitet seit 2020 die agile Transformation bei Danone DACH. Sie ist seit elf Jahren bei Danone beschäftigt und hat fundierte Erfahrungen im Bereich Projektmanagement, Controlling, Change Management sowie im Umfeld von Operations und Supply Chain. Katja Maslo ist zudem zertifizierter Business und Personal Coach sowie Scrum Master und Product Owner.
»Katja bei LinkedIn
Die ING stellte sich die Frage, wie ihr „One Agile Way of Working“ weiterentwickelt werden kann. Dabei entstand eine neue People Strategy “ Beyong WorkING“, die in einer veränderten Arbeitswelt Empowerment, Flexibilität und Autonomie in den Fokus rückt und Arbeit neu denkt. Dies wird in dem Beitrag „Agile Working auf dem nächsten Level – Beyond WorkING“ erläutert.